Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

150 Abschluß der norddeutschen Bundesverfassung. 1867 
der jährlichen Einnahmen und die Hälfte der Ausgaben seien 
durch gesetzliche Bestimmungen festgestellt und damit der 
Willkür des Unterhauses entzogen. Wenn jährlich über den 
Bestand der Armee abgestimmt werde, so gelte das in England 
selbst für eine reine Formalität, und was bei einem Söldner- 
heere etwa möglich werden könnte, wäre bei unserem Landwehr- 
system unsinnig und verderblich. In jeder Beziehung sei es 
hier durch das Interesse des Staats und der Bevölkerung 
geboten, den Bestand des Heeres gesetzlich festzustellen und 
dadurch gegen die Schwankungen der parlamentarischen 
Parteien zu sichern: auch dann würde Raum genug zur 
Kritik einzelner Theile des Militäretats bleiben. 
Aber so unläugbar dies Alles war, die herrschende 
Strömung ließ sich dadurch nicht ablenken. Vergebens wies 
der sächsische Minister von Friesen darauf hin, daß es sich 
um die Verfassung nicht eines Einheits-, sondern eines Bundes- 
staats handle. Hier lämen nicht alle Gebiete der Verwaltung, 
sondern nur einzelne zur Sprache, an denen nicht gerüttelt 
werden dürfe, wenn der Bund nicht seine Grundlagen ver- 
lieren solle. Als es zur Abstimmung kam, wurde zuerst 
Forckenbecks und dann Migquel's Antrag unter Ablehnung 
sämmtlicher Amendements angenommen. Man hoffte bei 
der ungewohnten Stärke der Mehrheit, etwas über dreißig 
Stimmen, auf Nachgiebigkeit der Regierung. Gutes Muthes 
schritt man zu den letzten Titeln der Verfassung, bei denen 
allerdings noch wichtige Fragen ihrer Entscheidung warteten. 
Ohne weitläufige Verhandlung wurde die Bestimmung 
des Entwurfs genehmigt, daß politische Verbrechen gegen 
den Bund ebenso bestraft werden sollten, als wären sie 
gegen den Einzelstaat, zu dem der Verbrecher gehörte,
	        
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