Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Verhältniß zu den süddeutschen Staaten. 155 
Verträge geregelt werden. Es war noch einmal eine Frage 
ersten Ranges, die hier zur Entscheidung gestellt wurde, die 
Frage, in welcher Weise durch die Verbindung von Nord 
und Süd das hohe Ziel der nationalen Sehnsucht, die 
deutsche Einheit, erreicht, das deutsche Reich erschaffen werden 
sollte. Noch einmal trat hier der Charakter der verschiedenen 
Parteien in helles Licht. Tags zuvor hatte Graf Solms- 
Laubach die Regierungen interpellirt, ob es nicht möglich sei, 
den unerträglichen Zuständen des nur zur Hälfte dem Bunde 
angehörigen Großherzogthums Hessen durch vollständige Auf- 
nahme desselben in den Bund Abhülfe zu schaffen. Bismarck 
hatte darauf erklärt, daß er eingehend nur dann antworten 
könne, wenn die Frage amtlich von der Großherzoglichen 
Regierung gestellt würde; in diesem Falle würde er zunächst 
mit Osterreich sich in ein, hoffentlich zum Ziele führendes 
Einverständniß setzen, zugleich aber auch in Mürnchen 
Erkundigung einziehn, ob die bayerische Politik durch einen 
solchen Vorgang gefördert oder gekreuzt würde; für jetzt 
komme Alles auf die Wünsche der hessischen Regierung an. 
Es war deutlich, daß er solche Wünsche gerne unterstützen 
würde, zugleich aber zeigte die Rede sehr bestimmt, daß bei 
einer Erweiterung des Bundesgebiets noch andere Factoren 
außer dem Bundesrath und dem Reichstag zu berücksichtigen 
wären. Davon aber wollten keineswegs alle Parteien Notiz 
nehmen. Die demokratische Linke beantragte: allen ehemaligen 
deutschen Bundesländern, so weit sie die Bedingungen dieser 
Verfassung zu erfüllen gewillt sind, steht der Eintritt in den 
Bund jeder Zeit frei; ein Bundesgesetz bestimmt dann die 
etwa nöthig werdenden Anderungen der Bundesverfassung. 
Noch schärfer trat dem Regierungsentwurf der Antrag einer
	        
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