Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Eröffnung der Conferenz. 171 
schwere Schädigung der britischen Handelsinteressen und ein 
Schrei der Entrüstung im ganzen Welttheil, daß Englands 
Eigensinn all dieses Elend verursacht habe. Niemals, sagte 
Stanley nachher im Unterhause, habe er eine so peinliche 
Unterhandlung durchgemacht. In dieser schweren Stunde 
erschien ihm als rettender Engel der russische Botschafter, 
der uns aus der Londoner Conferenz von 1864 bekannte 
Baron Brunnow. Er brachte den vermittelnden Vorschlag, 
nicht jede einzelne Macht solle für sich die Garantie über- 
nehmen, sondern eine gemeinsame oder collective Garantie 
möge festgesetzt werden. Hienach würde bei einem Streitfalle 
zunächst ein Gesammtbeschluß der Mächte zu erfolgen haben, 
ob eine Verletzung wirklich vorliege, und welche Maaßregeln 
dagegen zu ergreifen seien. Bei einem solchen Verfahren 
würde dann auch wohl das Unterhaus sich beruhigen. Dies 
leuchtete dem englischen Minister ein; er stellte wenigstens 
die Möglichkeit einer Verständigung auf diesem Wege in 
Aussicht. Bernstorff telegraphirte darauf nach Berlin; 
Bismarck gab zustimmende Draht-Antwort, und so konnte 
endlich das große Werk beginnen. 
Nachdem Lord Stanley einmüthig zum Vorsitzenden 
der Conferenz ernannt, und die üblichen Förmlichkeiten erledigt 
worden waren, legte Stanley seinen letzten Vertragsentwurf 
zur Berathung vor. Sofort erklärte Graf Bernstorff, daß 
darin die europäische Garantie für die Neutralität Luxem- 
burgs fehle, und alle übrigen Vertreter stimmten ihm zu, 
sie bilde einen wesentlichen Theil der allgemein angenommenen 
Basis der Conferenz. Stanley meinte darauf, Luxemburg 
stehe bereits seit dem Vertrage von 1839 unter einer euro- 
päischen Garantie. Allerdings, erwiderte ihm Bernstorff, ist
	        
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