Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

188 Verhältniß zum Auslande. 1867 
nach kurzer Frist dem französischen Herrscher noch eine weitere, 
doppelt bittere Erfahrung bevor. Er erwartete jetzt den 
Besuch des Kaisers und der Kaiserin von Osterreich: da kam 
die Nachricht, daß Franz Joseph's Bruder, Kaiser Max von 
Mexiko, durch seine republikanischen Gegner überwältigt, am 
19. Juni in Queretaro nach kriegsgerichtlichem Spruche 
erschossen worden sei. Napoleon empfing die Kunde am 
1. Juli, als er im Begriffe war, sich in die Ausstellung zur 
feierlichen Vertheilung der dort beschlossenen Preise zu begeben. 
Er war tief erschüttert von dem blutigen Ausgange des von 
ihm mit grenzenlosen Plänen begonnenen Unternehmens. 
Man konnte nicht eigentlich sagen, daß er dem unglücklichen 
Fürsten die im Vertrage von 1862 gegebenen Versprechungen 
gebrochen hätte: immer aber war er der Urheber des unseligen 
Abenteuers gewesen, und jedenfalls war jetzt der Besuch der 
österreichischen Majestäten, aus dem vielleicht ein über die 
Beziehungen Beider Deutschland entscheidender Bundesvertrag 
emporgewachsen wäre, in jedem Sinne unmöglich geworden. 
Rings um ihn her regte sich das Gefühl, daß sein Stern 
verblasse, sein Streben zu stetem Fehlschlag verurtheilt sei. 
In Berlin hoffte man nach dem ungetrübten Verlauf 
der Pariser Zusammenkunft auf dauernde Beruhigung der 
französischen Gemüther und ein ungestörtes Nebeneinander- 
leben der beiden Nationen. Aber nur wenige Wochen ver- 
gingen, und nach der alten Gewohnheit rührte sich wieder 
der in Paris selbstverständlich erscheinende Drang, in fremde 
Angelegenheiten lehrend und meisternd einzugreifen. Es 
handelte sich wieder um einen Artikel des Prager Friedens, 
den fünften, den ebenso wie dessen Vorgänger Napoleon 
zuerst vorgeschlagen, das Recht aber, die Ausführung zu
	        
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