Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Preußen lehnt die Einmischung ab. 193 
Lefebvre de Behaine (Graf Benedetti war beurlaubt): er 
beklagte, daß die preußische Note vom 18. Juni so wenig 
entgegenkommend sei; wäre die Rückgabe Nordschleswigs 
eine That freier Hochherzigkeit, so hätte Preußen das Recht, 
beliebige Bedingungen zu stellen; aber Preußen erkennt ja 
an, daß seine Verpflichtung aus dem Prager Frieden stammt, 
in welchem der fünfte Artikel die Rückgabe ohne jeden Vor- 
behalt ausspricht. Preußen habe also kein Recht zu seinem 
Verlangen, auf dem abzutretenden Boden deutsche Gemeinden 
unter seinem Schutze einzurichten und dadurch Dänemarks 
Unabhängigkeit schwer zu beeinträchtigen. Graf Bismarck 
wisse, mit welchen versöhnlichen Gesinnungen wir uns stets 
erfüllt gezeigt haben; er könne also den Charakter unserer 
Bemerkungen nicht mißverstehn. Er werde sich der moralischen 
Verbindlichkeiten erinnern, die er mit uns eingegangen sei. 
Im Besitze dieser Depesche suchte der Geschäftsträger 
in Abwesenheit Bismarck's den Unterstaatssecretär Herrn 
von Thile auf. Kaum aber hatte er die Absicht erklärt, 
einige Bemerkungen über die preußisch-dänische Frage vor- 
zulegen, als ihn Thile unterbrach. Das ist äußerst ernst, 
rief er. Ich darf Sie nicht anhören, ehe ich die Befehle 
des Königs eingeholt habe. Am folgenden Tage war er 
bereit zu hören, beschränkte sich dann aber auch streng auf 
die Rolle eines aufmerksamen Zuhörers. Lefebvre glaubte 
im Sinne seiner Anweisungen zu handeln, wenn er ihn die 
Depesche lesen ließe. Thile nahm Einsicht, machte sich 
Notizen, sprach aber über den Inhalt keine Meinung aus, 
erhob keine Einwendungen und stellte nur mit einigem 
Nachdruck die Thatsache fest, daß der Prager Friede zwischen 
Preußen und Osterreich geschlossen worden sei. 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. VI. 13
	        
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