1867 Franz Joseph und Napoleon in Salzburg. 197
Der Trauerbesuch nahm nun vom ersten Tage besondere
Formen an. Napoleon und Eugenie reisten zwar dem Namen
nach incognito, nahmen aber aller Orten die den Souveränen
gebührenden Ehren gern entgegen. Sie wurden in Karlsruhe
durch den Großherzog von Baden, in Ulm durch den König
von Würtemberg feierlich begrüßt, erfreuten sich hier und da
der Rufe vive l'Emporeur!, wodurch die schwäbischen Demo-
kraten ihre antipreußische Vaterlandsliebe bekundeten, und
wurden von Augsburg, wo Napoleon im St. Annen-Gym-
nasium Erinnerungen an die dort verlebte Schulzeit genoß,
bis zur österreichischen Grenze durch König Ludwig von Bayern
begleitet. Vollends in Salzburg war die Pracht des Empfangs
gewaltig: französische Fahnen und Flaggen auf dem Bahnhof
und in allen Straßen der Stadt, Musik und Ehrenwachen,
Vorbereitung zu Festlichkeiten jeglicher Art. Dazu kam die
Begleitung des österreichischen Monarchen durch dessen Reichs-
kanzler, den Grafen Beust, und den ungarischen Minister-
präsidenten Grafen Andrassy, welchen sich etwas später noch
der Finanzminister hinzugesellte. Die Condolenz hatte sich
plötzlich in einen politischen Congreß verwandelt, dessen ernste
Erwägungen fortdauernd mit dem Schmucke mannichfaltiger
Genüsse umgeben wurden. Die Welt war erstaunt und ge-
spannt. Es kam vor, daß Beust mit Napoleon Stunden
lang unter vier Augen verhandelte: da flogen dann die Ver-
muthungen und bald die Versicherungen in alle Lande, daß
hier die Urkunde eines festen Trutz= und Schutzbündnisses
zwischen beiden Mächten ausgearbeitet würde.
Indessen hier wie so oft eilten die Gerüchte den Wirk-
lichkeiten weit voraus. Wohl wünschten die beiden Kaiser
nahe Freundschaft und herzliches Einverständniß. Aber beide