Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Gutes Einvernehmen der beiden Monarchen. 199 
Möglichkeit an, daß Österreich in dem unruhigen Rumänien 
(wir kommen später darauf zurück) zu bewaffnetem Einschreiten 
genöthigt sein könnte. Hier aber bemerkte Eugenie: Herr 
von Beust ist zu lebhaft, und dieser ließ den Punkt fallen. 
Im Uhbrigen gab es keine abweichende Meinung; man sprach 
alle möglichen Fälle durch und fand die Gleichheit der Ge- 
sinnungen und der Interessen so vollständig, und damit die 
Dauer des Einvernehmens so gesichert, daß jede schriftliche 
Abfassung überflüssig erschien. Was man beiderseits wünschte, 
war im Orient und im Occident die Erhaltung des Status 
duo, dort die Abwehr der russischen Wühlerei gegen die 
Türkei, hier die Verhinderung des preußischen Strebens nach 
der Gründung eines deutschen Reichs. 
So schieden am 23. August die kaiserlichen Gäste aus 
Salzburg, um gerades Weges in die Heimath zurückzukehren. 
Daß Napoleon bei dieser Gelegenheit dem preußischen Könige, 
der ihn kurz zuvor in Paris besucht hatte, nicht den Vorschlag 
einer Begegnung auf preußischem Boden, etwa in Coblenz, 
machte, mußte als entschiedene Unfreundlichkeit erscheinen, 
und gab den argwöhnischen Vermuthungen über Salzburg 
neue Nahrung. Sowohl in Wien als in Paris fand man 
sich veranlaßt, den bestimmt auftretenden Zeitungsnachrichten 
über ein gegen Preußen abgeschlossenes Bündniß, über die 
Stellung der Südstaaten unter Osterreichs Leitung und Frank- 
reichs Schutz u. s. w. durch ein amtliches Actenstück eine 
ebenso bestimmte Abläugnung entgegen zu setzen. Der Besuch 
der französischen Majestäten sei einzig und allein durch den 
Wunsch veranlaßt worden, der kaiserlichen Familie Osterreichs 
ein inniges Zeugniß ihres Mitgefühls zu geben. Wohl hätten 
die beiden Monarchen bei dem mehrtägigen vertrauten
	        
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