Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

218 Die neuen Zollvereinsverträge. 1867 
Damit hatten also die preußisch-deutschen Tendenzen 
im schwäbischen Kriegsministerium festen Fuß gefaßt. Ob 
dies aber zugleich eine Abwendung von der particularistischen 
Politik überhaupt bedeutete, mußte um so zweifelhafter 
erscheinen, als gleichzeitig auch ein Wechsel im Ministerium 
des Innern Statt fand, und an die Stelle des Herrn 
von Neurath, eines Parteigenossen von Hardegg, der Ober- 
tribunalrath Mittnacht trat, ein Staatsmann, der zwar kein 
Schwärmer für die Miliz, aber als entschiedener Großdeutscher 
mit ultramontanen Beziehungen durchaus kein Freund Preußens 
war. Er besaß, wie seine lange Ministerlaufbahn gezeigt 
hat, ein weit über das Mittelmaaß hervorragendes Talent, 
einen fest und stetig zur Herrschaft emporstrebenden Ehrgeiz, 
eine sichere Beobachtung der zur Zeit am Hofe oder im 
Lande vorwiegenden Strömung und ein seltnes Geschick, sich 
von ihr vorwärts tragen zu lassen, ohne dadurch die eigne 
Zukunft für den Fall eines Umschwungs zu compromittiren. 
Jetzt bei dem energischen persönlichen Eingreifen des Königs 
zu Wagner's Gunsten gab er wie die übrigen Minister 
diesem die Zusicherung, daß ihre gesammte Politik auf loyalen 
Anschluß an Preußen ausgehe, bemerkte aber zugleich, daß 
die Einführung des preußischen Militärsystems, z. B. der 
dreijährigen Friedenspräsenz, in Schwaben bei den Kammern 
unmöglich sei. Die Lage war also zur Zeit die folgende. 
Dem Könige war der wesentliche Zweck die Erhaltung einer 
militärisch tüchtigen Armee; als unentbehrliches Mittel dazu 
ließ er sich auch eine sonst ihm nicht unbedenkliche Abhängig- 
keit von Preußen gefallen. Bei Wagner und Suckow fiel 
Mittel und Zweck zusammen: je vollständiger die Verbindung 
mit Preußen, desto besser für die Armee und das Land.
	        
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