Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Hohenlohe's Antrag auf Reform des Zollvereins. 221 
Deshalb schloß man den Verein, sicher nicht zum Vortheil 
der industriellen Interessen, stets nur auf zwölf Jahre; alle 
Verbesserungen kamen dann bei der Neugründung zur Sprache 
und erweckten, wie wir gesehn haben, jedes Mal eine heftige 
Krisis und langdauernde Zwietracht. Und zwar wurden die 
hier streitenden Interessen nicht von den durch ganz Deutsch- 
land verzweigten Parteien, sondern durch die Regierungen 
der einzelnen Staaten vertreten; der französische Handels- 
vertrag von 1862 führte zu einem Hader nicht nur zwischen 
Freihandel und Schutzzoll, sondern auch zu einem Kampfe 
zwischen Preußen und Sachsen auf der einen, und Bayern 
und Genossen auf der andern Seite. Man kam schließlich 
bei jeder solchen Krisis, meist den preußischen Forderungen 
entsprechend, zu einem Einverständniß, weil doch niemand die 
pecuniären Vortheile des Vereins einbüßen wollte. Aber 
Arger, Widerwille und Argwohn blieben in den Gemüthern 
gegen Preußens Ubergewicht zurück, namentlich bei den Süd- 
deutschen, welche 1864 den preußischen Tarif ebenso unbedingt 
hatten annehmen müssen, wie zwei Jahre später die preußischen 
Friedensbedingungen. 
Hohenlohe's Vorschlag zu einem Staatenbunde that 
nun auf den ersten Anblick einen erheblichen Schritt in der 
Richtung auf das ersehnte Ziel der deutschen Einheit. Der 
norddeutsche Bund, ebenso wie die süddeutschen Staaten, 
sollten eine lange Reihe wichtiger Gegenstände, außer dem 
Zoll= und Handelswesen auch die indirecten Steuern zu 
Bundeszwecken, das Consulatwesen, das Bankwesen, Münze, 
Maaß und Gewicht, der Gesetzgebung des neuen Staaten- 
bundes, also Gesammtdeutschlands, überweisen. Zu diesem 
Behufe würden dann Vertreter der süddeutschen Regierungen
	        
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