222 Die neuen Zollvereinsverträge. 1867
zu dem norddeutschen Bundesrathe hinzutreten, und die
hiedurch erweiterte Behörde Gesetzentwürfe durch Mehrheits-
beschlüsse feststellen, welche darauf durch parlamentarische
Zustimmung herrschende Kraft gewinnen würden. Dies Alles
hätte durchaus in der Linie des nationalen Fortschrittes
gelegen, hätte nicht ein kleiner Zusatz dem Ganzen einen
schreiend reactionären Charakter aufgeprägt. Über diese
parlamentarische Zustimmung sollte nämlich nicht eine
gemeinsame Volksvertretung, sondern für jedes Gesetz im
Nordbund der Reichstag, in jedem Südstaat dessen Kammern
entscheiden. Damit war denn das geliebte liberum veto
in voller Blüthe wieder hergestellt. Und zwar sollte es
nicht bloß für das Zollwesen, sondern für den ganzen Kreis
der oben angeführten Verwaltungszweige gelten; es sollte
ein ablehnender Kammerbeschluß eines einzelnen Staats nicht
bloß für diesen, sondern für Gesammtdeutschland das Gesetz
beseitigen. Jede Verbesserung auf dem Gebiete der materiellen
Interessen wäre auch für den Nordbund von der Erlaubniß
der Münchener Reichsräthe, der Württemberger Schutzzöllner,
der Darmstädter Standesherrn abhängig geworden. Der
neue Staatenbund wäre nichts als ein Auszug aus dem
alten Bundestag gewesen. Und es war der freundlichst
Gesinnte aller bayerischen Staatsmänner, der eine solche
Vorlage einbrachte!
Allerdings ein langes Leben war ihr nicht bestimmt.
Varnbüler unterzeichnete sie zwar ohne schweres Bedenken;
er mochte meinen, daraus würde niemals etwas, er könne
also ohne Gefahr dem Freunde den Gefallen thun. In
Carlsruhe aber hob Freydorf unter andern Einwürfen sofort den
durchschlagenden Punkt hervor: nicht den einzelnen Kammern,