1867 Eröffnung des Reichstags. Adreßdebatte. 241
Pariser Gegnern den Muth zur Einmischung erfrischen konnten,
ebenso wenig wie politische Voraussicht.
Darauf erneuerten die Polen ihre Verwahrung, daß sie
nicht in einen deutschen Bund gehörten und gehören wollten.
Nach ihnen klagte Bebel die Regierung an, daß sie Luxem-
burg nicht im deutschen Bunde festgehalten hätte. Bismarck
erwiderte, jetzt unumwundener als am 1. April, daß sowohl
Luxemburgs Bundespflicht als Preußens Besatzungsrecht mit
der Sprengung des alten Bundes erloschen gewesen: wer von
Ihnen, fragte er, hätte deshalb einen großen Krieg auf sich
nehmen wollen? In anderer Weise lehnte er Hänel's Vor-
wurf über die Preisgebung Nordschleswigs an eine Abstim-
mung der überwiegend dänischen Bevölkerung ab. Dort
wohnen, sagte er, Deutsche und Dänen gemischt durcheinander,
das Nationalitätsprincip kann also an dieser Stelle keine
Anwendung finden. Alles stände übrigens besser, fügte er
hinzu, wenn die Haltung der Schleswiger weniger parti-
cularistisch gewesen, wenn sie nicht zu Gunsten dynastischer
Interessen vergessen hätten, daß sie Deutsche sind.
Gegen die Adresse erhob Bismarck seinerseits keine Ein-
wendung. Der Reichstag, sagte er, erklärt darin dem Süden,
dem Auslande, den Bundesregierungen, auf welche Überzeu-
gungen bei ihm gerechnet werden kann. Immer aber machte
Bismarck den Vorbehalt: wir verstehn ihn dahin, daß er uns
nicht zu schnellerem Betreiben des Eintritts auffordern will.
In dieser Frage ist nichts zu übereilen. Wenn einmal die
Zeiten sich erfüllen, wenn der ganze Süden mit dem ganzen
Norden die Einheit will, dann wird auch kein deutscher Staats-
mann stark genug sein, sie hindern zu können, und keiner
muthig oder kleinmüthig genug, um sie hindern zu wollen.
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches VI. 16