248 Ratification der Zollvereinsverträge. 1867
Das Unerreichbare begehren, das Erreichbare zurückweisen,
jedes Compromiß verachten, das ist in der That die Politik
des Radicalismus.
Indessen bekannte sich dazu nur eine kleine Gruppe im
Reichstag. Hoverbeck's Antrag wurde mit 143 gegen 52
Stimmen abgelehnt, und darauf das unveränderte Gesetz auch
von einem Theile der Opposition, also fast einstimmig,
angenommen.
Was das Postwesen betraf, so hatte auch hierüber die
preußische Regierung im Juli durch eine Conferenz mit den
Südstaaten zu einigen gemeinsamen Einrichtungen zu kommen
gesucht, die beiden Königreiche aber hatten sich dabei schlechthin
ablehnend verhalten und die völlige Unabhängigkeit ihres
Postregals als ein unveräußerliches Kronrecht betrachtet. Um
so leichter kam im Reichstag die neue Organisation auf
Grund der früher von Stephan verhandelten Verträge zu
Stande. Die Commission des Hauses hatte den Gesetzentwurf
so sachverständig behandelt, daß ihre sämmtlichen Anderungen
sofort von den Bundescommissaren angenommen wurden. Nur
ein von Becker-Dortmund (Fortschritt) veranlaßter Zusatz, das
Briefgeheimniß und dessen gesetzliche Ausnahmen betreffend,
wurde aus formalen Gründen heftig bestritten. Jedoch ließ sich
der Bundesrath bei der zweiten Lesung den Satz des lieben
Friedens wegen gefallen. Denn, sagte man, der Bundesrath
will, wie das Haus, das Briefgeheimniß, und wie er, will
auch das Haus die Ausnahmen. Was ferner seit Jahren
vergeblicher Wunsch gewesen, das einstufige Briefporto, ein
Groschen für den frankirten Brief bis zu einem Loth Gewicht,
ohne Unterschied der im Bundesgebiet zu durchlaufenden
Entfernung wurde damals erreicht, und damit eine weitere