Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

254 Ratification der Zollvereinsverträge. 1867 
Wirthe die Anschaffung der ihm nöthigen Capitalien erschwere, 
den liederlichen Schuldenmacher aber vor der Aussaugung 
durch den Wucherer nicht zu schützen vermöge. Die Grund- 
besitzer der conservativen Partei sahn auf den Antrag mit 
mißtrauischen Blicken; sie fürchteten davon bei ihren Anleihn 
schwerere Zinsbelastung und beantragten Aussetzen des Be- 
schlusses, bis für den Credit des Grundbesitzes durch eine ver- 
besserte Hypothekenordnung und Einrichtung von Hypotheken- 
banken anderweitig gesorgt wäre. Die liberalen Parteien 
waren mit diesen Wünschen vollkommen einverstanden, wollten 
aber ihren Antrag deshalb nicht in eine unbestimmte Zukunft 
verschieben. Da erhob sich Bismarck mit der Erklärung, daß 
er Lasker's Antrag zustimmen würde, auch wenn es noch 
nicht gelänge, seine Verbindung mit einer Reform des Hypo- 
thekenwesens herbeizuführen. Wohl aber halte er diese für 
höchst wünschenswerth, und werde fortfahren in dem Bestreben, 
durch die Bundesgesetzgebung zu erreichen, was er seit fünf 
Jahren vergeblich auf dem Gebiete der Landesgesetzgebung 
erstrebe. Die Fesseln der Hypothekengesetze schädigten den 
Credit viel stärker als die Zinsbeschränkung; ihn durch Er- 
richtung von Hypothekenbanken — allerdings ohne Zuschüsse 
des Staats — zu befreien, heiße eine Ungerechtigkeit weg- 
schaffen, welche der Bund gewiß nicht so lange fortfristen 
würde, wie es die Landesgesetzgebung gethan hat. Mit leb- 
hafter Freude begrüßte Lasker dies Versprechen des Kanzlers, 
das Hypothekenwesen „der todten Hand der preußischen Gesetz- 
gebung“ zu entziehn und in den Reichstag zu verlegen, und 
hier mit frischer Energie Übelstände fortzuräumen, die nur 
durch ihre Zähigkeit sich bisher behauptet hätten.
	        
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