Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Bedenken über Contractbruch der Arbeiter. 259 
freieres Feld für ihre Thätigkeit und deren Früchte verschaffen. 
Aber, fuhr er fort, man solle nicht, wie Wagener, ihnen 
sagen, daß sie einen Anspruch auf Geschenke vom Staate 
hätten, ohne dafür das Entsprechende geleistet zu haben. 
Wenn ein Mensch in seiner Jugend nichts lerne, als Steine 
klopfen oder Lasten tragen, so sei er nicht berechtigt, vom 
Staate hohe Einkünfte zu begehren. 
So einfach dies für viele seiner Zuhörer klingen mochte, 
so scharf bezeichnete es den vielleicht tiefsten Gegensatz zwischen 
der liberalen und der socialistischen Partei, die höhere Werth- 
schätzung hier der geistigen, dort der Handarbeit. 
Die Verhandlung wandte sich darauf zu der Prüfung, 
ob und wie dem möglichen Mißbrauch der Coalitionsfreiheit 
durch gesetzliche Vorschriften zu steuern sei. Vor Allem zwei 
Fragen kamen hier zur Sprache: 
Die erste: soll in dem Verhältniß zwischen Arbeitgeber 
und Arbeiter der Contractbruch unter Strafe gestellt 
werden? 
Die zweite: soll ein Specialgesetz die Arbeiter mit Strafe 
bedrohn, die bei einem Ausstande ihre fortarbeitenden Genossen 
thätlich mißhandeln oder in Verruf erklären? 
Der freiconservative Abgeordnete Devens sprach kräftig 
dagegen. Die Urheber des Verrufs werde man nicht erkennen; 
Mißhandlungen würden schon nach dem allgemeinen Gesetz 
bestraft: wozu also ein Ausnahmegesetz, welches bei den 
Arbeitern als eine sie allein treffende Freiheitsbeschränkung 
die furchtbarste Erbitterung hervorrufen würde? Inr gleichem 
Sinne erklärte Schweitzer: die Ausstände, wenn auch Anfangs 
verlustreich für die Arbeiter, werden sich fort und fort als 
das einzige Mittel zur Regulirung der Löhne wiederholen; 
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