Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

268 Ratification der Zollvereinsverträge. 1867 
allerdings nicht dazu beitrug, die neuen Verhältnisse dem 
Volke angenehm erscheinen zu lassen. Immerhin empfahl 
am 4. Oktober eine gut besuchte Landesversammlung der 
nationalen Partei nicht bloß die Annahme der Verträge, 
sondern forderte offen den Eintritt Bayerns in den nord- 
deutschen Bund. Im Ubrigen aber war damals das Land 
erfüllt mit dem Geräusche einer doppelten ultramontanen 
Agitation gegen die liberalen Tendenzen der Regierung, wie 
sie Fürst Hohenlohe im Januar zur innern Stärkung Bayerns 
und fester Begründung seiner Unabhängigkeit unter dem Bei- 
fall der Kammer angekündigt hatte. Der eine Ansturm, von 
Regensburg ausgehend, richtete sich speciell gegen ein von der 
Regierung entworfenes Schulgesetz mit den bekannten Reden, 
daß die Leitung des Unterrichts nach Gottes Ordnung ein 
unveräußerliches Recht der Kirche sei. Der andere suchte von 
Passau aus eine Adresse an den König in allen Gemeinden des 
Landes zu verbreiten, daß man in der Mehrheit der zweiten 
Kammer nicht mehr die Vertreter des bayerischen Volkes 
erkenne und deshalb die sofortige Auflösung derselben begehre. 
Dem Ministerium Hohenlohe standen also schwere Tage 
bevor, und jedermann wußte, daß seine klerikalen Widersacher 
auch aufrichtige Feinde des norddeutschen Bundes waren. 
Diese Unsicherheit der süddeutschen Verhältnisse übte be- 
greiflicher Weise einen starken Einfluß auf die Verhandlungen 
des norddeutschen Reichstags über den Zollverein aus, ja 
bildete im Grunde beinahe den einzigen Gegenstand derselben. 
Denn von einem sachlichen Widerspruch gegen den Zollverein 
und dessen neue Gestaltung war hier keine Rede; der Bericht- 
erstatter Michaelis, wohl der durchgebildetste Nationalökonom 
des Hauses, legte unter allgemeiner Zustimmung die Vortheile
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.