Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

18 Vorbereitung des Reichstags. 1866 
weilen sich jedes nachdrücklichen Einschreitens enthielt und 
erst lange Zeit nach dem Erscheinen jener schmähenden Procla- 
mation ihre Hand auf die dem König Georg gehörigen Schlösser 
und Domänen legte: König Wilhelm hatte in seiner milden 
Weise einigen vornehmen Gegnern der Annexion gesagt, er 
ehre ihre Treue für ihr angestammtes Fürstenhaus, und in 
diesem Sinne auch den Generalgouverneur, General von 
Voigts-Rhetz, zu möglichst schonendem Verfahren gegen die 
Unzufriedenen angewiesen. So wurde nach der Beendigung des 
Kriegsstandes durch das Annexionsgesetz auch der Presse die 
in Preußen verfassungsmäßige Freiheit ungestört gelassen, 
worauf dann sofort eine Anzahl welfisch gesinnter Blätter 
die gistigsten Schmähungen gegen Preußen weithin im Lande 
verbreiteten. Die Localbehörden rührten sich nicht; die 
Straßentumulte nahmen zu; in mehreren Städten wurde 
die Insultirung preußischer Soldaten zum täglichen Sport des 
Pöbels, wie ernst auch mehrere national gesinnte Notable 
von solchem Unfug abriethen. 
Die Regierung that indessen wichtige Schritte in der 
innern Organisation der neuen Provinzen. Die ersten Maaß- 
regeln betrafen das Heerwesen, die Bildung von drei Armee- 
corps (Schleswig-Holstein, Hannover, Hessen-Nassau), die 
Verkündung der allgemeinen Wehrpflicht, die Einführung der 
preußischen Militär-Straf= und Disciplinargesetze, den Über— 
tritt der bisherigen Officiere und Mannschaften in preußische 
Regimenter. Das Letztere machte nur in Hannover Schwierig- 
keit, da König Georg in dem Wunsche, sein Militär zu 
weiterem Kampfe gegen Preußen verfügbar zu behalten, sich 
weigerte, Officiere und Mannschaften von ihrem Fahneneide 
loszusprechen, so daß die Verhandlungen darüber erst gegen
	        
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