Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

270 Ratification der Zollvereinsverträge. 1867 
da Norddeutschland den Zollverein entbehren könne, der Süden 
aber nicht in dieser günstigen Lage sei. Übrigens hoffe er das 
Beste, denn die Zahl der Gleichgesinnten im Süden sei größer, 
als der Lärm der feindlichen Parteien vermuthen lasse. 
Der Vertrag vom 8. Juli wurde darauf mit allen gegen 
eine Stimme genehmigt. 
Es zeigte sich sehr bald, daß Braun's und Michaelis' 
Bemerkungen nicht gegenstandlos gewesen waren. Zwar 
empfahl an demselben Tage, dem 8. October, Fürst Hohen- 
lohe der zweiten Kammer die Annahme der Verträge, und 
wiederholte dazu die frühere Erklärung, daß er auf einen 
Staatenbund des ganzen Südens mit dem Norden, unter 
voller Wahrung der bayerischen Unabhängigkeit, und dann 
auf eine Allianz dieses Staatenbundes mit Osterreich sinne. 
Auch der Ausschuß, an welchen die Kammer die Vorlagen 
verwies — den Zollvertrag, den Salzvertrag, das Wahlgesetz 
für die Abgeordneten zum Zollparlament — kam zu dem 
Beschlusse, die Annahme des Ganzen der Kammer nachdrück- 
lich zu empfehlen. Aber nachdem der Berichterstatter Feustel 
am 21. October dies beredt und eindringlich ausgeführt hatte, 
erhob sich doch ein Redekampf von seltner Leidenschaft und 
Erbitterung. Dies ist die dritte Sclavenkette, rief der ultra- 
montane Ruland, die um Bayerns Hals gelegt wird nach 
dem französischen Handelsvertrag und den Friedensschlüssen 
des vorigen Jahrs: glücklich preise ich den verstorbenen 
Herrn von Lerchenfeld, daß er die Schande seines Vaterlandes 
nicht mehr erlebt hat. Nach ihm verhöhnte sein Parteigenosse 
Jörg den Minister, daß er verheißen habe, über die Linien 
seines Programms nicht hinausgehn zu wollen. Die Con- 
sequenz der Thatsachen werde ihn unwiderstehlich weiter
	        
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