1868 Die Nationalliberalen für die Regierung. 297
parlamentarischen Wesens auf der von ministerieller Willkür
unabhängigen Localverwaltung der Kreise und Bezirke beruhe,
und schon deshalb brachten sie dem Gesetze, welches zunächst
in Hannover eine solche freie Selbstverwaltung einführen
sollte, ihre warme Sympathie entgegen. Sie freuten sich,
als auch Bismarck das Gesetz empfahl, nicht bloß, weil es
dem Volke in Hannover erwünscht wäre, sondern auch, weil
es eine erste Bresche in die ihm verhaßte bureaukratische
Centralisation der ganzen preußischen Staatsverwaltung lege,
bei der im fernsten Winkel des Landes kein Zaun aufgerichtet,
keine Brückenbohle gelegt werden dürfe, ohne in fünf Instanzen,
vom Ortsgendarmen bis zum vortragenden Ministerialrath,
gebilligt zu sein. Solche Stimmungen gegen die Bureaukratie
waren sonst auch den Conservativen nicht fremd, aber sie
stießen als preußische Particularisten das Gesetz zurück, weil
es der Selbstverwaltung Hannovers größere Geschenke machte,
als sie für ihre Provinzen seit 1823 empfangen hatten. Die
Nationalliberalen aber griffen mit beiden Händen zu, nach
der richtigen Meinung, daß das System, einmal in einer
großen Provinz begonnen, sich unaufhaltsam auch für alle
andern durchsetzen würde. Sie hatten bereits im Budget
einzelne Posten in diesem Sinne behandelt und stellten jetzt
neben das Gesetz eine Resolution, in welcher das Haus
die Regierung aufforderte, gleich in der nächsten Session
die für diese allgemeine Reform erforderlichen Vorlagen ein-
zubringen.
Indessen als es am 6. Februar zur Abstimmung über
ein von der Regierung angenommenes Amendement des
Herrn von Kardorff kam, welches der Provinz Hannover
für die Zwecke ihrer Selbstverwaltung zwar kein Capital,