Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1868 Wahlen zum Zollparlament in Württemberg. 313 
Verwaltung corrumpirt, das Volk durch leere Freiheitsphrasen 
mit einem thörichten Dünkel erfüllt sei. Auf der andern 
Seite tobten die republikanisch gesinnten Demokraten, daß die 
Regierung durch ihre Verträge die Unabhängigkeit des edlen 
Schwabenvolkes an die halbslavischen Preußen verrathen habe; 
von dem Zollparlament wollten sie so wenig wissen, daß sie 
durch Parteibeschluß zuerft völlige Wahlenthaltung verkündeten, 
um dann in der Kammer die Regierung wegen ihres Treibens 
zu strenger Rechenschaft zu ziehn. Der Regierung waren 
diese Aussichten auf jeder Seite äußerst widerwärtig, und als 
sich in der letzten Stunde die Volkspartei doch eines Bessern 
besann, beschloß die Regierung bei der geringen Zahl ihrer 
unbedingten Anhänger die Freundschaft der Volkspartei gegen 
das Wachsthum des preußischen Einflusses aufzubieten. Die 
ministerielle Partei setzte sich darauf mit den Demokraten und 
Klerikalen in enge Verbindung zum gemeinsamen Widerstande 
gegen die Verpreußung des in seinem Freiheitsglanze strahlen- 
den Württemberg. Auf allen Seiten entbrannte der Wahl- 
kampf mit der höchsten Leidenschaft, ganz in dem vor einigen 
Monaten von Moritz Mohl angeschlagenen Tone. Das Er- 
gebniß war, daß die deutsche Partei in allen 17 Wahlbezirken 
unterlag, obgleich ihre Candidaten von der Gesammtzahl der 
abgegebenen Stimmen etwas mehr als ein Viertel, rund 
46000 von 175000 erlangt hatten. Von den Gewählten 
vertraten sechs, nämlich die Minister Varnbüler und Mittnacht 
nebst vier Anhängern, die Regierungspolitik, die andern eilf 
gehörten der großdeutschen oder demokratischen Partei an. 
Durch deren Reihen ging der Ruf: Keine neuen Steuern, 
keine Finanzzölle, keine erweiterten Befugnisse des Zoll- 
parlaments!
	        
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