1866 Napoleon betreibt d. Wahl d. Prinzen Karl v. Hohenzollern. 345
Alle übrigen Regierungen aber unterstützten den Anspruch der
Pforte, daß nur ein Inländer die Würde des Hospodars
erhalten dürfe, am Schärfsten Rußland, welches bei der Wahl
eines Fremden das Land militärisch zu besetzen drohte, England
und Osterreich nach ihrer Gunst für die türkische Integrität,
endlich auch Preußen, damals hart an der Schwelle des
Kriegs mit Osterreich, ohne großes Interesse am Orient, um
so mehr also auf gutes Einvernehmen mit Rußland bedacht.
Kaiser Napoleon aber ließ sich durch dies Alles nicht
beirren!). Zwar nach Brüssel sandte er einen so deutlichen
Wink, daß König Leopold die Wahl des Grafen von Flandern
auf der Stelle ablehnte. Sofort ließ Napoleon an die
rumänische Regierung unter der Hand eine Mittheilung
gelangen, sie möge dem Volke zur Fürstenwahl den Prinzen
Karl, zweiten Sohn des Fürsten Karl Anton von Hohen-
zollern-Sigmaringen, vorschlagen. Mit dem letztern stand der
Kaiser seit langer Zeit in vertrauter Freundschaft; auch hatte
der Fürst nahe verwandtschaftliche Beziehungen mit dem Hause
Bonaparte, da seine Mutter eine Prinzessin Murat, und seine
Schwiegermutter eine Adoptivtochter Napoleon's I., also, wenn
nicht dem Blute, so doch dem Gesetze nach eine Cousine des
dritten Napoleon war. Der Kaiser mochte also hoffen, durch
die Erhebung des Prinzen Karl würde der französische Einfluß,
der schon unter dem Fürsten Cusa dort geherrscht hatte,
erneuert, und durch die Stärkung der rumänischen Einheit
h) Über das Folgende vgl. die Aufzeichnungen „eines Augenzeugen
aus dem Leben des Königs Karl von Rumänien“ in der deutschen
Revue Jahrgang 17, Band 1 ff., sowie das englische Blaubuch über die
Pariser Conferenz. Einzelne Details erfuhr ich schon 1867 bei meiner
Anwesenheit im Norddeutschen Reichstag und gleich nachher bei meinen
Archivstudien in Paris aus zuverlässiger Quelle.