Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

348 Deutsche und orientalische Frage. 1866 
fürstlichen Linie die Pflichten der Treue, des Gehorsams und 
des Respects gegen das höchste Oberhaupt obliegen würden. 
Es waren also Rechte doppelter, in der Urkunde genau 
unterschiedener Art, welche der König als Familienhaupt über 
die Mitglieder des fürstlichen Hauses erworben hatte. Zunächst 
der Anspruch auf Ehrfurcht, Treue und Gehorsam, den jeder 
preußische Unterthan, insbesondere jeder Staatsbeamte und 
Abgeordnete, seinem königlichen Souverän gelobt. Sodann 
auf Grund des Hausstatuts das Recht und die Pflicht der 
unbedingten Entscheidung in den oben angeführten vier Fällen. 
In deren Reihe findet sich nun, wie der Augenschein lehrt, 
die Frage der Annahme einer angebotenen fremden Krone 
mit Nichten. Nach dem formellen Rechte konnte hier der 
Berufene nach eignem freiem Willen Entschluß fassen. Der 
König mochte nach der Ehrfurcht und Treue des Prinzen 
erwarten, daß er ihm Kenntniß gebe und seinen Rath erbitte. 
Gerade bei einer Frage dieser Art konnte er voraussetzen, 
daß sein Rath mit entscheidender Kraft in's Gewicht fallen 
werde. Aber ein formelles Recht, zu befehlen oder zu ver- 
bieten, hatte er in diesem Falle nicht. 
In der rumänischen Sache hatte König Wilhelm keinen 
Augenblick einen Zweifel. Er war durchaus gegen die 
Annahme einer etwaigen Wahl durch den Prinzen Karl, nach 
persönlicher Stimmung und politischen Gründen, über die 
er sich mit dem Grafen Bismarck in vollkommenem Ein- 
verständniß befand. Er beschloß also, dem Fürsten Karl 
Anton, gegen den und dessen Familie er ein warmes Wohl- 
wollen im Herzen trug, persönlich zu schreiben, abzurathen 
und zu warnen. Weiter aber zu gehn und amtlich mit einer 
Königlichen Willenserklärung einzuschreiten, daran hinderte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.