Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1866 Der König ermahnt, die Wahl abzulehnen. 349 
ihn das unerschütterliche Rechts- und Pflichtgefühl, welches 
jeden Schritt auf seiner ruhmreichen Laufbahn bestimmt hat. 
Er hatte keinen gesetzlichen Titel zu einem Verbot oder zu 
einer dem Verbote gleich wirkenden Maaßregel: damit war 
sein Verfahren entschieden. Aber ebenso beharrte er bei 
Abrathen und Warnen, auch als Napoleon sein Wort wieder- 
holte, er habe stets für einen fremden Erbfürsten gestimmt, 
und vollends die Wahl eines Prinzen aus dem Hause Hohen- 
zollern, für welches er die freundschaftlichsten Gefühle hege, 
werde er zwar nicht selbst vorschlagen, wohl aber, wenn sie 
erfolge, freudig unterstützen. 
So hatte die Entwicklung ihren Verlauf. Fürst Karl 
Anton blieb trotz der Bedenken des Königs der Candidatur 
seines Sohnes geneigt. Am 11. und 14. April erschienen 
in Bukarest zwei Proclamationen der provisorischen Regierung, 
die den Stempel ihres französischen Ursprungs unverkennbar 
an der Stirne trugen. In der einen wurde das rumänische 
Volk aufgefordert, kraft seines souveränen Nationalwillens den 
erblichen Thron dem Prinzen Karl von Hohenzollern durch 
ein Plebiscit zu übertragen, bekanntlich eine Erfindung des 
napoleonischen Staatsrechts, die bisher bei den Völkern des 
Orients nicht in ÜUbung gewesen; die Abstimmung sollte in den 
Tagen vom 14. bis zum 20. April erfolgen. In der zweiten 
Urkunde wurde der Prinz, sein Vater und sein Haus den 
Rumänen durch Aufzählung aller denkbaren Tugenden und 
Verdienste empfohlen. Unter Anderm wurde seine Verwandt- 
schaft mit den beiden großen Herrscherhäusern, dem preußischen 
und dem französischen, betont. Von dem preußischen wurde 
erwähnt, daß es der Welt Friedrich den Großen gegeben; 
von dem Hause Bonaparte hieß es, daß es die beiden
	        
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