350 Deutsche und orientalische Frage. 1866
Napoleone hervorgebracht, die, von der Welt wie Halbgötter
verehrt, die Völker zur Demokratie und zur Achtung der
Nationalitäten geleitet hätten. Bei dem rumänischen Volke
war die Wirkung vollständig: schon am 15. April kam ein
Telegramm Bratianu's an den Fürsten Karl Anton, daß
ganz Rumänien mit Begeisterung sich zur Wahl dränge.
Der Fürst gab dies weiter an den König. Dieser aber
schrieb dem Prinzen, der damals als Dragoner-Officier in
Berlin war: Du hast Dich ganz passiv zu verhalten, da
große Bedenken obwalten; Rußland und die Pforte sind
gegen die Wahl eines Fremden. Der Prinz antwortete in
vorsichtigem Ausdruck, des Königs Vorschriften würden stets
sein Anhalt sein. Dem Vater aber theilte er brieflich seinen
festen Entschluß mit, die Krone anzunehmen und gegen den
Willen der Conferenz nach Bukarest zu reisen. Mit jugend-
lichem Muthe war er bereit, den Sprung in das Dunkle zu
wagen; in rühmlichem Ehrgeiz trat er trotz aller Gefahren
an die Aufgabe heran, auf dem Boden eines halbcivilisirten
Landes zum Segen eines hochbegabten Volks eine feste Staats-
ordnung aufzurichten. Noch aber mahnte auch sein Vater
sich zu gedulden, bis die Bedenken des Königs und der
Minister gehoben seien.
In diesen Tagen trat nun auf dem Congreß eine Wendung
ein, welche für die Wünsche Hohenzollerns äußerst günstig
wirkte. Da bisher ein Eirverständniß der Mächte sich
unerreichbar gezeigt hatte, brachten Osterreich und England
am 14. April den Antrag ein, die definitive Entscheidung
zu vertagen und einstweilen die Verwaltung Rumäniens
einem inländischen Hospodar auf vier Jahre zu überweisen.
Damit wäre über die Fürstenthümer eine langjährige Unsicherheit