364 Deutsche und orientalische Frage. 1868
Alliirten es sich wählen will; Osterreich kann es nicht sein;
wir hätten nichts dagegen, aber Osterreich will entschieden
nicht, und Frankreich wird dem deutschen Süden weniger
Schutz gewähren als der norddeutsche Bund.“
Übrigens erwähnte Bismarck noch, man habe bayerischer
Seits Besorgnisse wegen Suckow's Entsendung nach Berlin
geäußert; er habe geantwortet, einem Jeden geschehe dasselbe
wie jenem: Auskunftsertheilung, wenn eine solche gewünscht wird.
Suckow trat dann noch zweimal mit Moltke zusammen;
das Ergebniß war ein unbedingtes gegenseitiges Vertrauen
zwischen den beiden Männern, eben was Suckow zu erreichen
als eigentlichen Zweck seiner Reise sich vorgesetzt hatte. Am
14. Mai erwogen sie die Möglichkeit eines plötzlichen Ein-
bruchs der Franzosen nach Süddeutschland; es wurde ver-
abredet, daß in diesem Fall die Württemberger Truppen sich
bei Heilbronn und nöthigen Falls bei Würzburg concentriren
sollten, um dadurch der Vereinigung mit der heraneilenden
Hülfe des Nordens näher zu sein. Ein Protokoll oder sonst
eine schriftliche Aufzeichnung wurde über diese Absprachen in
Berlin nicht gemacht. Als Wagner dem König Carl darüber
Vortrag hielt, schien dieser geringes Interesse an der Sache
zu nehmen, erhob aber keinen Widerspruch.
Im Juni erbat sich darauf in der That ein bayerischer
Unterhändler bei Bismarck die verheißene Auskunft. Die
Verhandlung führte hier zu demselben Beschlusse, wie die
Württemberger, und da das Einverständniß des Großherzogs
von Baden von Anfang an sicher war, so konnte Moltle
schreiben!):
„Man hatte sich überzeugt, daß bei directer Vertheidigung
1) Generalstabs-Werk über den Krieg von 1870/71 I, 74.