30 Vorbereitung des Reichstags. « 1866
der von der Wissenschaft festgesetzten Fächer der Verfassungs-
arten dies Erzeugniß gehöre. Um so gewisser war es, daß
durch ein solches System alle bestehenden Verhältnisse berührt
und vielfach in Frage gestellt wurden.
So erhoben sich in der Versammlung Bedenken von
allen Seiten, und bald lag eine lange Reihe von Anderungs-
vorschlägen der preußischen Regierung vor. Es wäre heute
eine zwecklose Mühe, sie im Einzelnen durchzugehen; es ge-
nügt, die Richtungen zu bezeichnen, in denen sie sich be-
wegten. Oldenburg und Coburg hätten eine von Grund
aus verschiedene Verfassung gewünscht. Oldenburg beklagte
die Abwesenheit eines aus den Fürsten gebildeten Oberhauses;
dann hätte man zu Gunsten des Bundespräsidiums die Rechte
des Bundesraths beschränken, und jenem die Bundesregier-
ung durch ein verantwortliches Bundesministerium übertragen
können; zur Sicherung der Einzelstaaten wäre ein Bundes-
gericht einzusetzen, zur Stärkung des parlamentarischen Ein-
flusses an die Stelle eines festen Pauschquantums für die
Militär-Ausgaben die Vereinbarung eines Etats mit dem
Reichstag anzuordnen. Coburg war ebenfalls für die Er-
richtung eines mit dem Reichstag gleichberechtigten Fürsten-
hauses und hätte die Abgrenzung der Competenz zwischen
Reichsgewalt und Einzelstaaten nach den Geschäften der ein-
zelnen Ministerien gewünscht; daß den Einzelstaaten gewisse
Befugnisse im Auswärtigen, im Heerwesen u. s. w. gewahrt
blieben, däuchte ihm nicht ein Vortheil, sondern eine drückende
Last, während umgekehrt die Befugnisse des Bundes in der
innern Verwaltung alle Selbständigkeit der Einzelstaaten zu
untergraben schienen.