Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Französische und preußische Thronrede. 47 
Agenten nach Luxemburg, um dort Stimmung für den An- 
schluß an Frankreich zu machen. 
So blieben die französischen Gefühle gegen Preußen 
gemischte und schwankende. Die Aussicht auf eine gemein- 
same Lenkung Europas durch die große Allianz der beiden 
Mächte war verflogen, noch aber rechnete man auf eine, 
wenn nicht helfende, doch freundliche Stellung Preußens 
zu den französischen Annexionsplänen. Als man Anfang 
Februar die Materialien zu dem den Kammern vorzulegen- 
den Gelbbuch zusammenstellte, nahm man darin auch den 
preußenfreundlichen Satz auf: die deutschen Südstaaten haben 
das unbedingte Recht, festzustellen, welche Beziehungen unter 
ihnen selbst, und welche zwischen ihnen und dem Nordbunde 
Statt finden sollen. Noch war hier also der Gedanke nicht 
aufgekommen, daß dieses unbedingte Recht durch die Bestim- 
mungen des Prager Friedens eine enge Beschränkung erhalten 
hätte. Lange nicht so freundschaftlich klang dagegen ein Satz 
der französischen Thronrede bei der Eröffnung der Kammer 
am 14. Februar. Kaiser Napoleon hatte sich verletzt gefühlt, 
als König Wilhelm bei der Eröffnung des preußischen Land- 
tags im vorigen Herbste bei der Besprechung des Nikols- 
burger Friedenswerkes die französische Vermittlung mit keiner 
Sylbe erwähnt hatte. Napoleon holte jetzt dieses Versäumniß 
am 14. Februar gründlich nach, indem er den französischen 
Volksvertretern zurief, Frankreichs Wort habe genügt, um 
den preußischen Heeren den Einzug in Wien zu verbieten und 
binnen wenigen Wochen dem gewaltigen Kriege einen aller- 
seits befriedigenden Abschluß zu geben. 
Um so weniger fand sich König Wilhelm am 24. ver- 
anlaßt, in seiner Thronrede eine vom Reichstag mit Ungeduld
	        
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