54 Die ersten Wochen des Reichstags. 1867
Erörterungen begleiten: es werden uns dann die Kräfte und
Motive des Widerstandes, allmählich aber auch die Punkte
anschaulich werden, an welchen die Ansammlung einer regie-
rungsfreundlichen Majorität sich erreichbar zeigte.
Die Verhandlung eröffnete mit einer ausführlichen Rede
der Abgeordnete Twesten, einer der Führer der preußischen
Nationalliberalen, ein ebenso liebenswürdiger wie achtungs-
werther Mann, fest in seinen liberalen Grundsätzen, aber ohne
doctrinäre Steifigkeit, stets bereit, auf die Forderungen der
praktischen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, frei von persön-
licher Verbitterung durch die früher durchlebten Kämpfe.
Nicht ohne Sorge gestand er, an die Prüfung der Vorlage
heran zu treten. Er befürchtete, daß unausbleibliche Reibungen
zwischen der Bundesgewalt und der preußischen Regicrung
die Wirksamkeit der Verfassung, sowie daß Zerwürfnisse
zwischen dem Reichstag und dem preußischen Landtag die
Lebenskraft des parlamentarischen Systems lähmen könnten.
Dennoch aber wolle er loyal auf den Entwurf eingehn:
denn etwas müsse zu Stande kommen. Preußens
ungeheuere Erfolge hätten dafür den Boden geschaffen, und
der Entwurf scheine für Norddeutschland der augenblicklichen
Lage zu entsprechen, sowie auch eine enge Vereinigung mit
dem Süden zu ermöglichen, welcher sich einer strafferen
Centralgewalt schwerlich unterwerfen würde. Nichts aber sei
wichtiger als die baldige Vereinigung mit dem Süden, für
unsere Kultur im Innern, für unsere Sicherheit nach Außen,
da wir nur zu gut wissen, welche feindselige Nachbarn unser
Aufstreben bedrohn.
Dann erkennt der Redner an, daß der Entwurf eine
starke Bundesregierung liefere, wenn auch das Wort an keiner