1868 Wohlthätige Gesetzgebung des Bundes. 5
bereits gebracht hatte und weiter bringen würde. Hier wo
es sich um Befreiung der wirthschaftlichen Arbeit; der öko-
nomischen Production, des innern und des internationalen
Verkehrs handelte, kam es im Reichstage stets zu sorgsamer
Prüfung, oft zu lehrreicher Erörterung, nicht selten zu un-
nöthiger Amendirung, aber fast niemals zu principiellem
Parteikampf. Der Vertrag mit Amerika, worin Preußen auf
die Heranyziehung der in die Heimath zurückgekehrten ameri-
kanischen Bürger zum Militärdienst verzichtete, wurde ohne
Schwierihkeit angenommen) und noch weniger Widerspruch
erhob sich gegen die auf allen Seiten freudig begrüßten Post-
verträge. Der Commissionsbericht über den Gesetzentwurf zur
Erleichterung der Eheschließungen lieferte traurige Bilder von
der Willkür und Befangenheit der Polizeibehörden und Ge-
meindevorsteher, von der Rechtsunsicherheit insbesondere der
ärmeren Classen, von der Menge der dadurch veranlaßten
wilden Ehen, von der wachsenden Zahl der unchelichen
Kinder. Keine Stimme erhob sich zur Vertheidigung dieser
Übelstände; die Verhandlung drehte sich nur um die zweck-
mäßigsten Mittel zur Heilung, bis auch darüber ein Ein-
verständniß mit allseitiger Zustimmung erzielt war. Neben
diesen Erfolgen in der Gegenwart eröffneten sich weite Aus-
sichten für die Zukunft. Auf eine von Wagner und Planck
veranlaßte Aufforderung zur Einfühtung eines neuen Straf-
rechts, einer neuen Strafproceßordnung und der dadurch
erforderlichen Anderungen in der Organisation der Gerichte
erklärte Präsident Delbrück sofort die Bereitwilligkeit der
Regierungen, und der Bundesrath setzte bald nachher mehrere
Commissionen zur Ausarbeitung der begehrten Entwürfe ein.
Eine weitere Commission war mit der Entwerfung eines