140 Klerikale Erhebung. 1855
Gulden, dazu Einrichtung zahlreicher Jesuitenschulen und
starke Beschränkungen der Rechte der Juden und der Pro-
testanten. Die Wiener Diplomatie empfahl dringend und
mit großer Wirkung den protestantischen Höfen von Stutt-
gart, Karlsruhe und Darmstadt, auf dieselben Wege einzu-
lenken, und sich durch schöne Concordate einen festen Rück-
halt gegen die wieder heranwachsende preußische Ehrsucht zu
sichern. Überhaupt war damals in Wien die Hoffnung ver-
breitet, wie Preußen durch den Zollverein die materiellen
Interessen Deutschlands sich verbunden habe, so durch die
Pflege der Kirchenpolitik Deutschlands geistiges Leben an Oster=
reich zu ketten.
Das Alles stellte der römischen Curie Eroberungen in
Aussicht, weitgreifender als irgend ein Gewinn des letzten
Menschenalters.
Aber ein gründlicher Wechsel der Dinge stand bevor.
Es begann die große nationale Bewegung zuerst in Italien,
dann in Deutschland, die nach zehnjährigen Kämpfen Italien
als Einheitsstaat unter die Herrschaft Victor Emanuel's führte,
mit Einschluß von zwei Dritteln des Kirchenstaats, die in
Deutschland die Gründung des Norddeutschen Bundes unter
Wilhelm I. bewirkte, in beiden Ländern aber die Herrschaft
Osterreichs verdrängte.
Der Curie war dies Alles ein Greuel. Schon daß zwei
bisher zersplitterte Völker sich in jugendstarke Großmächte
umgestalteten, stand im Widerspruch zu der seit dem 13. Jahr-
hundert bewährten Regel, daß große Reiche in Kleinstaaten
zu zerspalten seien, damit der gekrönte Priester über Alle
herrsche. Weiter aber war das nationale Princip zwar von
zwei Königen in Waffen zum Siege geführt, ursprünglich