1869 Gesetze über Gewerbeordnung und Lohnarrest. 155
der Vertrag mit Baden über militärische Freizügigkeit an-
genommen.
Dagegen wurden einige Gesetzentwürfe zur Förderung
der wirthschaftlichen Freiheit und Sicherheit einer höchst sorg-
fältigen und gründlichen Berathung, theils im ganzen Hause,
theils in Commissionen unterzogen, die sich bei dem wichtigsten,
der Gewerbeordnung, durch die ganze Dauer der Session
hindurch zog. Über die leitenden Grundsätze herrschte voll-
kommene Einigkeit im Sinne der Gewerbefreiheit, aber eine
Menge praktischer Einzelheiten gab Anlaß zu zahlreichen Ver-
besserungsanträgen und entsprechenden Anderungen des Ent-
wurfs. Der Bundesrath erhob gegen viele keine Einwendung
und ließ sich die übrigen gefallen. So kam ein Werk zu
Stande, welches bis heute die Grundlage unseres Gewerbe-
wesens geblieben ist.
Eine andere Vorlage hatte zum Zweck, die arbeitende
Classe aus einem Krankheitszustande heraus zu reißen, der
damals in weiter Ausdehnung Verderben brachte, das Recht
jedes Gläubigers, zur Sicherung des einem Arbeiter gemachten
Darlehens dessen jetzigen oder künftigen Lohn mit Arrest zu
belegen, und dafür den Arbeitgeber verantwortlich zu machen.
Die Folge war ein ungesunder und wucherischer Credit auf
Grund des Lohnarrestes, der ohne diesen dem Arbeiter nie
bewilligt worden wäre, jetzt aber von leichtsinnigen Arbeitern
in zahllosen Fällen zum eigenen Ruin mißbraucht wurde.
Eine große Fabrik wurde angeführt, deren Arbeiter in einem
Jahre 1600 Lohnarreste erlebt hatten. Im Kreise Dort-
mund hatte man in derselben Zeit 10000 gezählt. Die
Annahme des Gesetzes erfolgte im Reichstag mit großer
Mehrheit.