Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1869 Polemik gegen die Höhe der Militärausgaben. 165 
und ich würde in eine solche Verhandlung ohne Widerstreben 
eintreten. Aber nimmermehr dürfte dies auf dem Wege 
eines solchen Tauschgeschäfts geschehn. Wenn Sie eine Ver- 
fassungsänderung zum Preise der neuen Steuern machen, so 
nöthigen Sie die Regierung, auf eine solche Einnahme zu 
verzichten, und das Deficit durch die Beschränkung der Aus- 
gaben, durch die Leistung allein der rechtlich und factisch 
nothwendigen, unter Hinausschiebung nicht bloß der über- 
flüssigen, sondern auch der nützlichen Ausgaben in Wegfall 
zu bringen.“ Als ein Redner dies als eine Drohung bezeich- 
nete, erwiderte Bismarck, es sei der Ausdruck der einfachen 
Verfassungspflicht; auch glaube er nicht, daß eine Volksver- 
tretung wünschen könne, ihn unbewilligtes Geld ausgeben 
zu sehn. 
Gewiß hätte nichts die Majorität des Hauses mehr er- 
freuen können, als eine Botschaft, daß eine Verminderung 
der Ausgaben jedes Bedürfniß neuer Einnahmen beseitigt 
hätte, und sie wußte ja sehr genau, welche gewaltige Ausgabe 
sie vor Allen los zu werden wünschte. Auch hier fand 
Lasker's Andeutung verstärktes Echo bei den Rednern der 
Linken. Der heutige Zustand ist unerträglich, hieß es; die 
Militärlast erdrückt Bildung, Wohlstand, Freiheit; zugleich 
aber ist sie unnöthig, denn die Völker alle sind von Natur 
und nach ihrem Interesse friedfertig, und in jeder Thronrede 
wiederholt uns Se. Moajestät, daß auch keine der Regierungen 
den Frieden zu stören wünscht. Wozu also die colossalen 
Soldatenmassen? wozu diese Opfer an Geld und Arbeits- 
kraft für einen ganz unproductiven Zweck? Preußen hat 
die Vermehrung der Armee zuerst durchgeführt, so sollte 
#es auch die Abrüstung beginnen, oder wenigstens einen
	        
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