Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

194 Eindringen klerikaler Tendenzen in die franz. Regierung. 1869 
constitutionellen Monarchie unter einem Napoleon nicht zu 
erreichen war. 
Daß die große Mehrzahl der Ministersessel der dritten 
Partei zufallen mußte, verstand sich nach dem bisherigen 
Gange der Entwicklung von selbst. Nun aber zeigte sich bei 
den Verhandlungen darüber sehr bald, daß die Partei Elemente 
verschiedener Art in sich schloß, deren weiteres Zusammen- 
halten unsicher wurde. Ungefähr ein Viertel stellte in Bezug 
auf die von der neuen Regierung zu bewirkenden Reformen 
erheblich stärkere Anforderungen als Ollivier und die Masse 
der Partei, was dann allmählich die gesonderte Constituirung 
der Minderheit (später linkes Centrum genannt) und der 
Mehrheit (später rechtes Centrum) veranlaßte. Napoleon 
hätte nun am Liebsten die Berufung in das Cabinett nur auf 
die Männer der Mehrheit beschränkt: Ollivier aber mußte 
ihn darauf aufmerksam machen, daß das Übergewicht an 
Talent und Tüchtigkeit entschieden auf der andern Seite sich 
befinde, und deren Führer für eine würdige Stellung des 
Cabinetts nicht zu entbehren seien. Als er dann aber bei 
diesen anklopfte, fand er durchaus keine lebhafte Dankbarkeit, 
dafür aber sehr fest bemessene Bedingungen. Gleich die erste, 
daß, abgesehn von Krieg, Marine und kaiserlichem Hause, 
kein früherer Minister hinzugezogen werden dürfe, setzte 
Ollivier gegenüber dem Finanzminister in peinliche Verlegen- 
heit; auch in Bezug auf die künftigen Reformen blieben einige 
Differenzen ungelöst; genug, man ging unverrichteter Dinge 
auseinander. Es wurde dann der Versuch einer Liste des 
rechten Centrums gemacht, für deren Candidaten sich aber 
keine Aussicht auf Erlangung der Mehrheit im gesetzgebenden 
Körper zeigte, wenn sie nicht in volle Abhängigkeit von der
	        
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