234 Eindringen lklerikaler Tendenzen in die franz. Regierung. 1870
Als dann Glais-Bizoin die Abschaffung der stehenden Heere
zur Sprache brachte, Thiers aber ihre Unentbehrlichkeit gerade
für die Erhaltung des Friedens darlegte (wollen wir den
Frieden befördern, so müssen wir erstens sehr friedliebend
und zweitens sehr stark sein), nahm Ollivier das Wort: „Ich
erkläre, daß die Regierung keinerlei Besorgniß hegt, und daß
zu keiner Zeit die Erhaltung des Friedens gesicherter war
als jetzt. Wohin man auch blickt, kann man keine Frage
entdecken, die vielleicht Gefahren in sich tragen könnte. Überall
haben die Cabinette begriffen, daß die Achtung vor den Ver-
trägen sich jedermann aufdrängt, namentlich vor den beiden
Verträgen, auf welchen der Friede Europas ruht, dem Pariser
Vertrag von 1856, der für den Orient, und dem Prager
Vertrag von 1866, der für Deutschland den Frieden sichert.“
Diese letzte Anrufung eines Vertrags, dessen Sinn, wie
alle Welt wußte, von den Parteien in entgegengesetzter Weise
ausgelegt wurde, deutete nur auf bedingte Friedensliebe. In-
dessen niemand rührte weiter daran. Auch im englischen
Parlament wurde damals erklärt, in den auswärtigen An-
gelegenheiten herrscht eine todte Windstille.
Am Tage nach Ollivier's Erklärung, am 1. Juli, warf
den Kaiser ein heftiger Anfall seines Blasenleidens wieder
auf das Krankenlager. Auch dies Ereigniß ließ wahrlich
nicht kriegerische Absichten der französischen Regierung ver-
muthen.