248 Die Candidatur Hohenzollern. 1869
Es ist wieder charakteristisch für die Stellung des
Hohenzollern'schen Hauses, daß Fürst Anton bei diesem An-
lasse die Befragung des Königs der spanischen Regierung
überließ, während jeder wirkliche preußische Prinz ohne allen
Zweifel sich beeilt haben würde, seinem souveränen Familien=
haupte auf der Stelle Kenntniß von dem Vorfall zu geben.
Nicht minder bezeichnend ist es auf der andern Seite, daß
Kaiser Napoleon, wie es ein Jahr später Prinz Leopold
einem englischen Reporter erzählt hat 1), über die Sache
unterrichtet wurde, damals keine Einsprache erhob und noch
weniger eine Andeutung machte, daß sich aus der Frage ein
Kriegsfall entwickeln könnte. Dies Verhalten Napoleon's
war allerdings begreiflich. Denn die Verhandlung war ja
zur Zeit ergebnißlos geblieben, und für den Fall eines
künftigen Angebots die Zustimmung Napoleon's zur Be-
dingung der Annahme gemacht worden. Da eilte es für
jetzt mit der Erhebung eines Einspruchs nicht, der, in diesem
Augenblicke angemeldet, vielleicht die langjährige Freundschaft
des Kaisers mit dem Fürsten getrübt oder auch unnöthige
Verhandlungen mit Spanien herbeigeführt hätte.
Als Salazar den Ausgang seiner Sendung in Madrid
berichtete, erklärte ihn Prim auf der Stelle für eine zwar
höflich formulirte, in der Sache aber bestimmte Abweisung,
und setzte im Ministerium bereits am 28. September, seiner
frühern Gesinnung entsprechend, eine neue Anfrage an König
Victor Emanuel durch, ein Gesuch, die Aufstellung seines
jungen Neffen, des Herzogs Thomas von Genua, als
spanischen Throncandidaten zu genehmigen. Sofort aber
) Kriegstagebuch William Russell's, deutsch bearbeitet von Schle-
singer, Seite 28.