250 Die Candidatur Hohenzollern. 1870
unionistischen Gegner aber in der Cortes-Versammlung machte
dies keinen Eindruck; im Gegentheil, sie wollten sich keinen
König durch eine fremde Macht aufnöthigen lassen, und ein
ansehnlicher Theil derselben wandte sich eben deshalb Mont-
pensier zu. Alle aber wiesen die Aufstellung des Herzogs
von Genua zurück, weil er noch minderjährig sei, und Spanien
gerade jetzt eines kräftigen Mannes als Herrscher bedürfe.
Sie fanden eine unerwartete Bundesgenossin in der ver-
wittweten Mutter des Prinzen Thomas, einer verständigen
und entschlossenen Dame, welche mit fester Entschiedenheit
ihren Sohn nicht zu einem so mißlichen Abenteuer hergeben
wollte. König Victor Emanuel schwankte lange Zeit. Da
aber auch bei den Cortes die Stimmung für die Candidatur
sank, erklärte er endlich am 31. December 1869, er sei außer
Stande, eine Verfügung gegen den Willen seiner Schwägerin
zu treffen, und müsse also Prim's Antrag dankend ablehnen.
So stand man wieder auf dem alten Fleck: ein leer-
bleibender Thron, ein Königthum ohne König. Der Parteien-
hader machte die Erhebung eines Einheimischen unmöglich,
und mit beleidigtem Stolze sah man durch alle auswärtigen
Prinzen die einst weltbeherrschende Krone Spaniens ver-
schmäht. Der feste Zusammenschluß der Progressisten und
Unionisten, auf dem die Sicherheit der jetzigen Regierung
beruhte, war durch die Kämpfe um die letzte Candidatur ge-
lockert, und Prim hatte es vor Augen, wie in den dadurch
gerissenen Furchen der Weizen des ihm Allerverhaßtesten, des
Herzogs von Montpensier, blühte. Es war deutlich, daß
nichts wichtiger war, als die Wiederannäherung zwischen den
beiden liberalen Parteien. Demnach fand jetzt Salazar bei
Prim willigeres Gehör als im vorigen Jahre. Er konnte