Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

256 Die Candidatur Hohenzollern. 1870 
Trotz solcher schönen Möglichkeiten brachte für den 
Augenblick die fortdauernde Thronvacanz die spanische Re- 
gierung in eine äußerst pelnliche Lage. Die niedergeschlagenen 
Factionen faßten frischen Muth; nach der erneuerten Ab- 
sage Hohenzollerns wuchs die Zahl der für Montpensier 
werbenden Unionisten, und die große Masse der Abgeordneten, 
des endlosen Wartens müde, drängte mit steigender Ungeduld 
nach Hause; die ganze Zukunft des Landes drohte in tiefes 
Dunkel zu versinken, wenn die Versammlung vor einer Ent- 
scheidung der Thronfrage sich auflöste. Einen andern, viel- 
leicht bereitwilligeren Candidaten wußte Prim nicht zu eut- 
decken; der Nothstand wurde verzweifelt, so kam er zu dem 
kaum weniger verzweifelten Entschlusse, trotz des negativen 
Ergebnisses aller vertraulichen Sondirungen, einen vierten 
Versuch bei demselben Candidaten zu machen, und die neue 
Unterhandlung nicht in Berlin bei der preußischen Regierung 
zu eröffnen, sondern bei den Hohenzollern'schen Herrn, die 
sich damals aus Berlin nach Süddeutschland begeben hatten. 
War es nicht mit König Wilhelm gegangen, so würde es 
vielleicht hinter dem Rücken des Königs gelingen. Denn 
darüber hatte ihn Salazar, welcher die hausgesetzliche Stel- 
lung des Prinzen kannte, aufklären können, daß in dieser 
Frage der Prinz eine Erlaubniß des Königs rechtlich nicht 
bedurfte. Es sollte nicht, wie bisher, Prinz Leopold befragt 
werden, wie er sich verhalten würde, wenn man ihm die 
Krone anböte: sondern es sollte jetzt durch die spanische 
einen im Einzelnen von der Gramont'schen Mittheilung abweichenden, 
im Sinne jedoch übereinstimmenden Text. Einen dritten ähnlicher Art 
liefert ohne Angabe seiner Quelle Bl. Jerrold, life of Napoleon III, 
vol. IV, p. 456.
	        
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