258 Die Candidatur Hohenzollern. 1870
in das Buch unserer Geschichte geschrieben, daß es uns wieder
nicht gelingen sollte, einen König zu finden. Der Prinz,
ließ man mich mit ebenso viel Zartgefühl als Wohlwollen
wissen, könne für den Augenblick nicht die Krone annehmen.
Demnach hat die Regierung es für geeignet gehalten, sich
an die Cortes zu wenden, um sie zu Schiedsrichtern in der
Sache zu machen. Die Regierung ist in ihren Verhandlungen
nicht glücklich gewesen; sie hat Ihnen keinen Candidaten für
die Krone Spaniens in Vorschlag zu bringen; wenigstens
hat sie heute keinen: aber wird sie morgen einen haben?
Das ist es, was ich Ihnen nicht sagen kann. Ich kann nur
erklären, daß die Regierung von denselben Gefühlen beseelt
ist, wie die monarchischen Abgeordneten, und daß für die
Regierung noch nicht jede Aussicht verschwunden ist, einen
König zu finden. Ohne einen Zeitpunkt feststellen, ohne
einen Tag angeben zu wollen, wird die Regierung fortfahren,
die Frage mit Vorsicht und Zurückhaltung zu behandeln,
bis sie Ihnen einen Candidaten vorstellen kann, der fähig
ist, die öffentliche Meinung zu seinen Gunsten zu bestimmen.“
Er schloß mit der Erklärung, daß die einstweilige Fortdauer
des Interims ein Übel sei, die Regierung aber die Mittel
habe, alle daraus etwa entspringenden Gefahren abzuwehren.
Genannt war hier also kein Name, doch bestand darüber
unter den Zuhörern kaum noch ein Zweifel. Durch Salazar's
Flugschriften, sowie durch Prim's Abreden mit den Partei-
führern war damals der Name Hohenzollern weithin bekannt
geworden; aller Welt erschien es gewiß, daß Erbprinz Leopold
der ablehnende Candidat gewesen. So meldeten es die an-
wesenden Berichterstatter der Times und der Daily-NRews
nach London, so versicherte es der italienische Gesandte Cerutti