Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

18 Das Zollparlament. 1868 
wachsenden Änderungen des wirthschaftlichen und politischen 
Lebens immer fühlbarer geworden; es sei die Frucht einer 
naturgemäßen Entwicklung, wenn heute Vertreter der ganzen 
Nation sich zur Berathung der gemeinsamen wirthschaftlichen 
Interessen Deutschlands vereinigen. Nachdem der König dann 
die wichtigen Vorlagen, die an das Parlament gelangen 
würden, aufgezählt hatte, fügte er die Mahnung hinzu: 
Halten Sie, geehrte Herren, bei der Berathung das gemein- 
same deutsche Interesse fest im Auge; vermitteln Sie von 
diesem Gesichtspunkte aus die einzelnen Interessen, und ein 
Erfolg, der Ihnen den Dank der deutschen Nation gewinnt, 
wird Ihre Anstrengungen krönen. Er schloß mit der Hoff- 
nung, daß die freundschaftlichen Beziehungen der deutschen 
Regierungen zu allen auswärtigen Mächten die Segnungen 
des Friedens gesichert erscheinen ließen, zu deren Beschützung 
die deutschen Staaten sich untereinander verbündet haben, 
und jeder Zeit auf die geeinigte Kraft des deutschen Volkes 
werden zählen können. 
Dagegen ließ sich nichts einwenden, aber wohlklingend 
war es der Mehrheit der Süddeutschen doch auch nicht, dies 
wiederholte Betonen des nationalen Strebens, der Vertretung 
und des Dankes der deutschen Nation, und vollends der 
lästigen Wehrbündnisse. Was hatte das Alles mit dem Zoll- 
verein der preußischen, bayerischen und schwäbischen Nationen 
zu schaffen? 
Auch nicht angenehm war die freilich unvermeidliche 
Thatsache, daß, während die norddeutschen längst legitimirten 
Reichstagsmänner sofort in das Zollparlament eintraten, die 
Süddeutschen erst die Prüfung ihrer Wahlen durch eine 
norddeutsche Majorität durchzumachen hatten. Schon recht
	        
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