1870 Bismarck meldet sich in Ems an. 299
völlig sicher. Er fand es schon ein starkes Entgegenkommen,
daß der König den Botschafter überhaupt angenommen und
nicht vorher eine Zurücknahme der von Gramont gegen
Preußen geschleuderten Injurien gefordert hatte; es schien
ihm bedenklich, daß er jenem seine Zustimmung zu der
Candidatur eingestanden, daß er ihm von seinem Verkehr
mit dem Fürsten Anton geredet, daß er, wenn der Prinz
sich zum Rücktritt entschließe, dem Botschafter seine Billigung
des Schrittes mitzutheilen versprochen hatte. Wie konnte
— wir werden es sehr bald thatsächlich wahrnehmen — ein
böswilliger Gegner eine solche „Mittheilung“ als Concession
an Frankreich verwerthen! Bismarck entschloß sich kurz
und meldete nach Ems, sein Gesundheitszustand erlaube ihm
wieder, zu reisen: er sei bereit, wenn der König es befehle,
nach Ems zu kommen. Der König ließ am folgenden Tage
antworten, er solle kommen so bald wie möglich!). Am
11. Juli fand auch Roon es gerathen, von seinem Landsitze
in die Stadt zurückzukehren, um auf alle Fälle zur Hand zu
sein; am Abend hatte er mit den in Berlin verweilenden
Ministern eine Besprechung der großen Tagesfrage, jedoch
wurde in Abwesenheit Bismarck's, Camphausen's und Moltke's
natürlich kein Beschluß gefaßt, und von militärischen Vor-
kehrungen war noch keine Rede?). Draußen im Lande war
die Stimmung zwar bewegt, aber von heftiger Aufregung
weit entfernt; man hatte es Anfangs gar nicht für möglich
gehalten, daß eine spanische Königswahl den Anlaß zu einem
Kriege zwischen Frankreich und Deutschland geben könnte;
1) Bgl. Bismarck's Erzählung bei Jules Favre, gouvernement
de la défense nationale I, 177.
) Bericht des Lord Loftus 12. Juli.