316 Neue Forderungen Frankreichs. 1870
hatte die Geister entfesselt: jetzt jagten sie ihn in übermächtigem
Sturme vorwärts?.
Die lügenhaften Phantasien, womit Gramont das Land
überschwemmt hatte, die Verkündung, daß Preußen die Thron-
besteigung Leopolds' erstrebt, daß hierin eine Beschimpfung
der französischen Ehre gelegen, für welche König Wilhelm
eine glänzende Genugthuung leisten müßte: das Alles war
allmählich in Blut und Leben der Pariser Bevölkerung über-
gegangen. Sie stimmte jubelnd den Vorwürfen zu, mit
denen Ollivier's Friedensbotschaft überhäuft worden war; sie
war begeistert für Duvernois' Forderung neuer Garantien
gegen die preußische Eroberungssucht. Immer lauter erscholl
der Ruf, der ganze spanische Handel sei nur der letzte Tropfen
gewesen, welcher den Becher der französischen Geduld zum
Überlaufen gebracht; möge jetzt Vater Anton schreiben, was
er wolle, Frankreich sei des preußischen Unglimpfs müde;
seit Sadowa sehe es seine leitende Stellung in Europa durch
den nimmersatten Nachbar bedroht; jetzt gelte es, ein Ende
zu machen, die deutschen Südstaaten vor dem preußischen
Joche zu beschirmen, die annectirten Lande aus Bismarck's
Eisenfaust zu erretten, den ehrsüchtigen Rivalen wieder in die
alte Ohnmacht zurückzuschleudern. In der warmen Julinacht
erfüllten große Menschenmassen die Boulevards und rissen
sich um die Abendblätter, welche den kriegerischen Gefühlen
heißen Ausdruck gaben.
Von einem Karren herunter stimmte eine Opernsängerin
unter rasendem Beifall die Marseillaise an. Wo sich Soldaten
1) Er sagt es selbst, Dépositions I. 105: Die Garantieforderung
war uns auferlegt durch den Drang der öffentlichen Meinung u. s. w. Sie
war übrigens, setzt er hinzu, auch nöthig und für Preußen nicht beleidigend.