1870 Patriotische Bewegung in Deutschland. 333
Candidatur, über die sie sich in so thörichter Weise erhitzt
hatten? Mit welchem Rechtstitel wagt dieser Bonaparte den
Spaniern die Freiheit ihrer Königswahl zu verbieten, und
nun gar mit uns darüber Händel zu suchen? Wenn die
Andern ihm demüthig gehorchen wollen, bei uns soll er seine
Rechnung nicht finden. Wir kennen ihn jetzt; wozu noch
weiteres Unterhandeln? weshalb soll der alte Fuchs, der
Benedetti, unserem ehrwürdigen Könige die Brunnenkur noch
länger stören? Nur keine weitere Nachgiebigkeit, nur keinen
faulen Frieden. Wir wünschen niemanden etwas zu Leide
zu thun, aber auch in unsern Angelegenheiten von niemand
Befehle zu empfangen. Will Napoleon Deutschlands nationalen
Willen nicht respectiren, so soll er die Wucht des deutschen
Armes und des deutschen Schwerts empfinden.
So brauste es in den Gemüthern, als spät am Abend
des 13. ein Extrablatt der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung
das Telegramm über die Emser Vorgänge der Bevölkerung
zuwarf. Die Wirkung war ungeheuer, aus der Tiefe der
Herzen ein einziger tausendstimmiger Jubelruf. Endlich,
endlich lag kein Schatten mehr auf dem preußischen Ehren-
schild, man athmete wieder frei: dem Vertreter des sich
spreizenden Dünkels war die gebührende Antwort gegeben,
man hatte ihm die Thüre gewiesen. Auf den Straßen wogten
die erregten Massen: die Männer umarmten sich unter
Freudenthränen, donnernde Hochrufe auf König Wilhelm er-
schütterten die Luft. In denselben Stunden wurde das
Telegramm auch in Ems angeschlagen; am Morgen des 14.
stand es in allen Zeitungen, überall mit den kräftigsten Er-
läuterungen versehn, überall denselben Ausbruch patriotischer
Entrüstung und Genugthuung hervorrufend. Bei der Er-