336 Die Kriegserklärung. 1870
Laufe des Tages kamen dann Benedetti's Telegramme: Der
König theilt der französischen Regierung den Verzicht des
Prinzen mit und gibt demselben seine rückhaltlose Billigung,
die Garantie für die Zukunft aber verweigert er auf das
Bestimmteste und lehnt ab, mir weitere Audienz zu gewähren.
Am 14. Juli 9 Uhr Vormittags trat unter dem Vorsitze des
Kaisers der Ministerrath zusammen, um diese Nachrichten zu
erwägen. Vor der dichten Nähe des Kriegs sank der Kriegs-
eifer zusammen. Gramont betheuert!), man habe vor Allem
die Mittheilung und Billigung des Verzichts durch den König
in das Auge gefaßt und als Beginn einer friedlichen Lösung
betrachtet. Wollte der König einmal die Garantie für die
Zukunft versagen, so sei die Verweigerung weiterer Audienzen
für Benedetti begreiflich, weil die Verhandlung gegenstandlos
geworden. Selbst eine telegraphische Meldung Le Sourd's
aus Berlin, daß dort ein Extrablatt der officiösen Nord-
deutschen Allgemeinen Zeitung gestern Abend jene Weigerung
veröffentlicht habe, soll nach Gramont's Darstellung die fried-
liche Stimmung nicht erschüttert haben, wenngleich ihr Be-
kanntwerden in Paris eine gesteigerte Aufregung des Volks
befürchten ließ. Der Ministerrath blieb dabei, die Berufung
der Reserven aufzuschieben.
Aber kaum war Gramont aus der Sitzung in sein Mini-
sterium zurückgekommen, so traf ihn eine neue Hiobspost. Baron
Werther hatte Bismarck's Tadel und demnach den Befehl em-
pfangen, wegen Gesundheitsrücksichten Urlaub zu nehmen und
zugleich dem französischen Minister anzuzeigen, daß während
seiner Abwesenheit Graf Solms die Geschäfte der Botschaft
führen würde. Bismarck, sahn wir, wollte Gramont gegenüber
) France et Prusse, p. 195, 207.