338 Die Kriegserklärung. 1870
den geforderten Beschluß erlangte und sich gegen 3 Uhr
entfernte, um die Befehle an die Truppentheile ausfertigen
zu lassen. Die Verhandlungen des Kronraths gingen dann
weiter fort; verschiedene Mittel wurden vorgeschlagen, um
den Krieg zu vermeiden und die wüthende Aufregung in
Paris zu beschwichtigen, aber keines zeigte eine Aussicht des
Gelingens. Dennoch beharrte die Mehrheit bei ihrem ver-
söhnlichen Sinne, und insbesondere hielt Ollivier mit großem
Nachdruck die Politik des Friedens aufrecht und wurde dabei
von dem Kaiser mit dessen ganzer Autorität unterstützt.)
Zuletzt verfiel Napoleon selbst auf seinen alten Lieblings-
gedanken, eine Berufung an Europa, an einen Congreß der
Mächte.) Die Mehrheit ergriff die Maßregel mit Freuden,
und obgleich Gramont Einwendungen und Bedenken erhob,
wurde der kaiserliche Antrag genehmigt. Sogleich wurde ein
Anschreiben an die Mächte aufgesetzt, mit dem Vorschlag:
in einem Congresse aller europäischen Regierungen jenes
Princip der Ausschließung der Prinzen aller Großmächte
von fremden Thronen förmlich und feierlich für alle Zu-
kunft zu sanctioniren.
Auch Gramont gab schließlich seinen Widerspruch auf und
ließ sich den Congreß gefallen, indem er bemerkte, die Zu-
stimmung König Wilhelm's zu dem Verzichte des Prinzen
wäre dann die Garantie für die Gegenwart, der Congreß-
1) Rothan, l·Allemagne et IItalie I, 18 ff., nach einer 1871 von
Ollivier ihm gemachten Erzählung.
) Gramont in seinem Buche S. 212 sagt nicht, wer den Antrag
gestellt, sondern nur, daß, als der Kaiser und die Minister sich trennten,
sie (nicht ohne Zögerung und nicht ohne Opfer, S. 214) bei dem fried-
lichen Beschlusse stehn geblieben seien. Warum ich den Kaiser als den
Urheber des Beschlusses bezeichne, wird der weitere Verlauf zeigen.