340 Die Kriegserklärung. 1870
forderung und damit dem Kriege gegenüber zu sehn. Aber
er widersprach nicht, als Gramont die sofortige Zusammen-
berufung des Ministerraths begehrte. #)
Indessen war diese Forderung schon von einer andern
Seite an den Kaiser gelangt. Im Kriegsministerium hatte
der Aufschub der Mobilmachung einen Sturm der Entrüstung
erregt, die sich in alle militärischen Kreise und von dort
weiter in die Stadt verbreitete. Lord Lyons berichtete in
diesen Stunden, die Bewegung in der Armee und in der
Bevölkerung sei so stark, daß keine Regierung, die sich für
den Frieden entschiede, aufrecht bleiben würde. Leboeuf fuhr
nach St. Cloud zum Kaeiser, fand dort die Hofgesellschaft in
derselben kriegerischen Stimmung (wir werden sogleich eine
Probe davon vernehmen) und errang von Napoleon die
Einberufung eines nochmaligen Kronraths auf 10 Uhr Nachts.
Über diese für Frankreich verhängnißvolle Berathung,
liegen uns Mittheilungen von drei der Theil nehmenden
Minister vor, welche ein hinreichend klares Bild der Vor-
gänge geben.
Zunächst eröffnete der Kaiser die Sitzung mit der Be-
schwerde, daß das am Vormittag angelobte Geheimniß nicht
gehalten worden sei. Man hat, sagte er, mir seitdem vor-
geworfen, daß ich die Vorschriften des Plebiscits vergessen
und meine Befugnisse überschritten hätte, indem ich meinen
Räthen die Friedenspolitik gewisser Maaßen auferlegt hätte.
Ich erkenne an, fuhr er fort, daß ich heute ein constitu-
tioneller Monarch bin; ich habe also die Pflicht, Euerer
1) Rothan l. c. p. 19.
à) Leboeuf, Dépositions D p. 47. Gramont ibid. p. 107 ss.
France et Prusse 223. 232, 244. Ollivier bei Rothan 1. c. 20.