346 Die Kriegserklärung. 1870
höchsten Überraschung, daß der König von Preußen durch
einen Adjutanten unserm Botschafter hatte sagen lassen, er
werde ihn nicht weiter empfangen, daß seine Regierung, um
dieser Maaßregel einen unzweideutigen Charakter zu geben,
sie amtlich den Cabinetten Europas mitgetheilt hatte, daß
Werther hatte Urlaub nehmen müssen, und daß die Rüstungen
in Preußen begonnen hatten. Unter diesen Umständen, lautete
der Schluß, wären weitere Versuche zu einer Aussöhnung
eine Verläugnung unserer Würde und eine Unklugheit ge-
wesen. Wir haben Alles gethan, um den Krieg zu ver-
meiden; wir bereiten uns, den Kampf zu bestehn, den man
uns entgegen trägt, indem wir einem Jeden den Theil der
Verantwortlichkeit überlassen, der ihm zukommt. Gestern
haben wir unsere Reserven einberufen und werden unter Ihrer
Mitwirkung sofort alle Maaßregeln ergreifen, um die Inter-
essen, die Sicherheit und die Ehre Frankreichs zu wahren.
Diese Erklärung verlas darauf Gramont im Senat,
Ollivier im gesetzgebenden Körper. Zugleich brachte der
Kriegsminister zwei Gesetzentwürfe ein, über die Activirung
der mobilen Nationalgarde und über die Anwerbung von
Freiwilligen; ein vorläufiger Credit von fünfzig Millionen
wurde für das Heer, ein anderer von sechzehn für die Flotte
beantragt. Gramont hatte im Senat ein kurzes und mühe-
loses Geschäft. Die hohe Versammlung kaiserlicher Günstlinge,
pensionirter Excellenzen und klerikaler Generale nahm die
Botschaft mit solchem Enthusiasmus auf, daß der Präsident
bei der Bewegung aller Herzen jede weitere Berathung für
unmöglich erklärte und die Sitzung schloß. Gramont begab
sich darauf in den gesetzgebenden Körper, wo sein College
einen nicht ganz so leichten Stand hatte. Zwar war kein