352 Die Kriegserklärung. 1870
Während die französischen Minister sich so kopfüber in
die Wirbel des Kriegs stürzten, machte Kaiser Napoleon
noch einen letzten, freilich aussichtslosen Versuch zur Erhaltung
des Friedens.!)
Am 11. und 12. Juli hatte, wie wir sahn, Graf Beust
Gramont's Politik auf das Schärfste getadelt und dringend
zum Frieden gemahnt. Kaum aber war es geschehn, so er-
griff ihn die Sorge, ob er damit nicht schweren Groll der
französischen Regierung über sich und Osterreich hereinziehn
würde; er befahl demnach am 13. dem Grafen Vitzthum,
sofort von Brüssel nach Paris zu eilen und sich über die
Lage der Dinge zu erkundigen. Gleich nach seiner Ankunft
erhielt dieser von dem Fürsten Metternich die Erklärung, hier
sei nichts mehr zu halten, der Krieg breche los wie ein
Elementarereigniß, wie ein Erdbeben. Am 14. suchte Vitz-
thum vergebens eine Zusammenkunft mit Gramont nach, der
zwischen seinen drei Sitzungen für diplomatische Conferenzen
wenig Zeit übrig hatte. Am 15. Vormittags aber gewährte
Napoleon dem Grafen eine Audienz in St. Cloud, empfing
ihn äußerst freundlich und sagte, er werde wohl verwundert
sein über die plötzliche Wendung der Dinge. Vitzthum be-
stätigte dies mit vollem Brustton. Was wollen Sie, rief
der Kaiser, wir waren zu weit vorgegangen; wir konnten
nicht zurück. Er äußerte einige Besorgniß, von den deutschen
Massen überrannt zu werden, und meinte, da Osterreich den
Sieg Frankreichs wünschen müsse, möchte es durch Aufstellung
eines Observationscorps an der böhmischen Grenze die Preußen
nöthigen, seine Streitkräfte zu theilen. Als ihm Vitzthum
jede solche Hoffnung benahm, aber sicher verhieß, daß Oster-
1) Das Folgende aus ungedruckten Memoiren.