1870 Patriotische Begeisterung in Baden. 369
vermeiden und zusammen mit Bayern in bewaffneter Neutralität
sich an das zu ihrem steten Schmerz aus Deutschland hinaus-
gestoßene Osterreich anzulehnen: jetzt aber, nachdem Bayern
auf solche Wünsche Nein gesagt, bleibe nichts übrig, als der
Politik der Regicrung zu folgen und demnach so schnell wie
möglich, ohne viele Worte zu machen, die nöthigen Geld-
mittel zu bewilligen. Die Geschäftsordnung machte einen
Ausschußbericht unerläßlich; dieser aber erschien sogleich am
folgenden Tage, und mit allen gegen eine Stimme wurde
die Regierungsvorlage genehmigt. Allerdings versagten es
sich 38 Abgeordnete nicht, ihre Abstimmung dahin zu moti-
viren, daß sie für die Unversehrtheit Deutschlands sich er-
hoben hätten, in der Veranlassung des Kriegs aber nur eine
Folge des Werks von 1866 erblickten und mit Kummer das
ehemals mächtigste Bundesglied vermißten. Bei dem Volke
aber fand dieser großdeutsche Stoßseufzer der „Volkspartei“
kein Gehör mehr; es ging in Stuttgart wie in München;
mehrmals drangen von draußen die kriegerischen Rufe der
Volksmassen in den Sitzungssaal hinein und begrüßten dann
nach dem Schlusse die heraustretenden Abgeordneten mit
jauchzendem Danke.
Wenn möglich noch höher als hier war die Begeisterung
in dem zunächst bedrohten Baden gesteigert: eben wegen der
Nähe der Gefahr war die patriotische Erregung ernster und
schwerer, und die Erbitterung eine wahrhaft grimmige; vollends
als in Paris Herr von Gramont am 21. Juli dem badischen
Geschäftsträger erklärte, es werde ihm gemeldet, daß völker-
rechtswidrig die badische Infanterie Sprenggeschosse verwenden
solle, man werde dann das badische Land behandeln, wie einst
Melac und Duras die Pfalz behandelt hätten, icht einmal
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. VII.