Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

370 Die Kriegserklärung. 1870 
die Frauen würden verschont werden. Die badische Regierung 
konnte umgehend die völlige Lügenhaftigkeit der Anklage be- 
weisen, und um so glühender war die Wuth der so schmäh- 
lich bedrohten Bevölkerung. Baden hatte an der Erhebung 
von 1813 keinen Theil gehabt; jetzt rief ihm der Gegner selbst 
die ärgste Mißhandlung seiner blühenden Landschaften durch 
den alten Erbfeind in das Gedächtniß zurück. Man ermißt 
leicht, welchen Eindruck hierauf das am 23. Juli erscheinende 
Kriegsmanifest Napoleon's gegen Preußen mit der schönen 
Erklärung machen mußte: wir führen keinen Krieg gegen 
Deutschland; wir achten dessen Unabhängigkeit und wünschen, 
daß dessen Völker frei über ihre Geschicke verfügen. Der 
Nachfolger Ludwig's XIV. gab sich als Beschützer deutscher 
Freiheit gegen preußische Tyrannei. Um so eifriger und 
eiliger betrieb Baden seine Rüstung; die Mobilmachung war 
am 16. verfügt; die Festung Rastatt wurde schleunigst be- 
waffnet, die Kehl-Straßburger Rheinbrücke gesprengt. Der 
Landtag war nicht versammelt: hier aber war die Regierung 
seiner einmüthigen Zustimmung so sicher, daß sie den Mit- 
gliedern die Einberufung ersparte. Nicht ohne Sorge, aber 
doch mit starkem Vertrauen sah man der verheißenen Hülfe 
der norddeutschen Bundesbrüder entgegen. 
Die Sorge entsprang hier und anderwärts aus der be- 
greiflichen Meinung, daß Frankreich nicht ohne lange vor- 
bereitete Rüstung den Bruch in so rasender Eile überstürzt 
hätte, der Kriegserklärung sofort den Übergang seiner Heere 
über den Rhein folgen lassen und vielleicht den noch un- 
fertigen deutschen Streitkräften schwere Niederlagen beibringen 
könnte. Allerdings Moltke war frei von solchen Befürcht- 
ungen. Als er einmal darauf angeredet wurde, sagte er in
	        
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