1868 Weitere Verhandlung. 31
Dagegen erklärten die Vertheidiger der Besteuerung, der
Tabak sei kein Lebensbedürfniß, sondern ein Genußmittel,
mithin als solches, und wegen seiner besondern Eigen-
schaften mehr als jedes andere zur Besteuerung geeignet.
Bei der colossalen Steigerung, die sein Verbrauch in Deutsch-
land gefunden, sei er i allen Ständen verbreitet; die Steuer
stelle also, wie kaum eine andere, bei geringer Belastung des
Einzelnen, dem Staate einen großen Ertrag in Aussicht.
Dabei könne ein Jeder sich nach Belieben auch dieser kleinen
Last entziehn, indem er etwas weriger rauche als bisher.
Was nun die Humanität gegen den armen Mann betreffe,
so sei das Wort nirgendwo verkehrter angebracht als hier.
Wenn der arme Mann täglich einige Cigarren weniger ver-
dampfe als bisher und für das Geld seinen Kindern Brod
kaufe, so sei das eine Wohlthat für seine Familie und für
ihn selbst. Denn bei dem Tabak stehe es so, daß die
billigeren, also schlechteren Sorten, und vor allen andern
das in Deutschland erzeugte Kraut sehr viel mehr Nicotin
enthielten als die feinern amerikanischen!), und folglich auch
der Gesundheit sehr viel schädlicher seien als diese. Was könne
man gegen eine indirecte Steuer einwenden, die, wenn der
Consum trotz derselben gleich bleibe, die Staatscasse fülle
und, wenn sie ihn beschränke, die Gesundheit des armen
Mannes stärke? Man klage nun über die Störung der
Fabrikanten. Aber jede erhebliche Reform des Zollsystems
schädige für den Augenblick einige Zweige der Industrie,
während sie andern aufhelfe; wolle man sich nicht zu gänz-
lichem Stillstand verurtheilen, so müsse man, aller Erfahrung
entsprechend, nach kurzem Übergang auf baldige Herstellung
) Nach Liebig's genauen Untersuchungen.