1870 Vitzthum's Sendung nach Florenz. 401
abredet, sich um die Lösung des Räthsels direct an die beiden
Monarchen zu wenden. Dem Kaiser Napoleon würde Graf
Vimercati eine Abschrift der Depesche an Metternich über-
bringen und ihm vorläufige Kenntniß von Beust's Vertrags-
entwurf geben. Nach Florenz aber sandte Beust den Grafen
Vitzthum mit dem Austrage, die dortigen Verhältnisse zu er-
kunden, mit dem Könige und dann mit den Ministern den
Vertragsentwurf zu verhandeln und, wenn sich Alles günstig
zeigte, ihn für Osterreich zu unterzeichnen.
Diese Mission gab dann in kürzester Frist vollständiges
Licht über die Lage.
Noch an demselben 28. reisten Vitzthum und Vimercati
von Wien ab; am 29. langten sie in Mestre an, von wo
Vimercati über Mailand nach Paris eilte, Vitzthum aber
nach Florenz weiter fuhr, wo er spät Abends eintraf und
Stadt und Land in größter Friedensruhe vorfand. Gleich
am folgenden Tage erschien bei ihm der Privatsecretär Sr.
Majestät mit der Meldung, daß er ihn morgen zu einer
Audienz abholen werde; der König lasse ihn aber bitten,
keinem seiner Minister hievon irgendwie Mittheilung zu
machen. Die Spannung, welche diese geheimnißvolle Botschaft
hervorrief, wurde jedoch am folgenden Tage so vollständig
wie möglich gelöst. Der König empfing den Grafen äußerst
gnädig. Napoleon, sagte er, bittet mich um Hülfe, und ich
wäre persönlich geneigt, die Bitte zu gewähren. Nur bedarf
ich einige Zeit, da die Krisis so plötzlich hereingebrochen ist.
Auch stoße ich auf Schwierigkeiten bei meinen Ministern, daran
ist der leidige September-Vertrag Schuld. Dazu kommt dann
noch die Langsamkeit aller Bewegungen des franzbsischem
Heers, die es unmöglich macht, sich ein Urtheil über die
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. VII. 26